von Marina Maisel
Freude, Begeisterung, Überraschung – die Superstimmung bei der Batmizwa-Party im Festsaal der Synagoge entsprach den Höhepunkten, die sich im Programm des Abends aneinanderreihten.
»So viele Gäste und so viele Geschenke – das gab es für mich noch nie«, erzählt Galyna. »Ich konnte mir das alles gar nicht vorstellen. Aber als ich die schön gedeckten Tische sah, war ich gleich fasziniert.« Galyna lebt seit fünf Jahren in München und besucht die sechste Klasse des Heinrich-Heine-Gymnasiums. Sie ist eines der fünf Mädchen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die sich unter Leitung der Religionslehrerin Chani Diskin auf ihre Batmizwa-Feier vorbereitet hatten. Die Frau des Lubawitscher Rabbiners Israel Diskin hatte den Batmizwa-Club für junge Mädchen schon einige Jahre zuvor eingeführt – ein Angebot, das die Heranwachsenden gern annehmen. Die Feier in diesem Jahr jedoch war etwas ganz Be- sonderes: Zum ersten Mal waren es Zuwandererkinder, die auf diese Weise enger an Religion und Gemeinde herangeführt wurden.
Die Idee dazu hatte Judith Epstein. Mit ihrer Initiative will die engagierte Geschäftsfrau und Mutter ein Zeichen der Toleranz und Integration für die Zuwanderer setzen. »Es ist mir ein persönliches Anliegen, daß in der Generation meiner Kinder die soziale Gleichgültigkeit der Etablierten gegenüber den russischen Gemeindemitgliedern überwunden wird«, erklärte die charismatische junge Frau.
Daß ihr das gemeinsam mit Chani Diskin bestens gelang, bewies das letzte März-Wochenende. Auftakt war am Schabbat in der Synagoge an der Possartstraße. Während der Tora-Lesung wurde der Segen für die jungen Mädchen gesprochen, und sie erhielten ihren jüdischen Namen: Galyna trägt nun auch den Namen Rachel, Sheyla heißt Miriam, Narmin heißt Adina, Elina heißt Naomi Hannah und Sabina trägt den Namen Yael.
Dies ist für sie alle mehr als nur eine Äußerlichkeit. Chani Diskin hatte die Namen gemeinsam mit den jungen Mädchen ausgewählt. Voraussetzung war dabei auch eine gewisse Identifikation mit der Namensgeberin und Eigenschaften, welche die jungen Frauen als Vorbild für ihr weiteres Leben annehmen konnten.
Daß sie dies auch tun, unterstrichen die Reden, die sie bei der Feier am darauffolgenden Sonntagabend hielten. Jedes Mädchen erzählte von ihrem Namensvorbild und betonte die Eigenschaften, die ihr dabei wichtig waren.
Naomi Hannah stehe für Frömmigkeit und Glaube an Gott. »Ich werde probieren, das umzusetzen«, sagte Elina in ihrer kleinen Ansprache. Sie kam bereits im Kindergartenalter aus Moskau nach München, besuchte die Sinai-Schule und spricht exzellent Deutsch. Sie fühlt sich voll integriert, nennt als Hobbys Mathematik und Zeichen, Lesen und das Zusammensein mit Freunden. Sie besucht das Luitpold-Gymnasium und erfuhr hier von ihrer Religionslehrerin Chani Diskin vom Batmizwa-Club. Klar, daß sie sofort dabei war.
Die anderen Mädchen zu gewinnen, war für Chani Diskin und Judith Epstein schon etwas aufwendiger. Doch mit Unterstützung von Olga Albrandt von der Integrationsabteilung kam bald eine kleine Gruppe zusammen.
Narmin und Sabina leben seit fünf Jahren in Deutschland und besuchen eine Münchner Hauptschule. Als Narmin den Brief mit der Mitteilung über den Religionsunterricht bekam, erzählte sie sofort ihrer Freundin davon – und sie kamen beide. Sie stammen ebenso wie Sheyla aus Baku in Aserbaidschan. Sheyla lebt bereits seit sieben Jahren in München und besucht die Maria-Probst-Realschule. Für sie ist ihre Batmizwa »ein besonderer Tag, auf den ich mich vorbereitet habe, auf den ich gewartet habe und auf den ich mich sehr gefreut habe, an dem ich erwachsen« wurde.
Dieses Erwachsenwerden betonte bei der Party auch die Frau des Gemeinderabbiners, Monika Langnas. Sie vertrat Chani Diskin, die wegen des Todes ihrer Großmutter nach New York gereist war. Gemeindepräsidentin Charlotte Knobloch begrüßte die jungen Mädchen sichtbar bewegt von dem Ereignis und dem Beispiel gelungener Integration: »Ihr habt hier eine neue religiöse Heimat, ein neues Zuhause und neue Freunde gefunden.« Ihr besonderer Dank galt neben Chani Diskin insbesondere Judith Epstein für ihr vielfältiges Engagement: »Wir sind stolz, Sie in unserer Mitte zu haben.«
Die so gelobte Initiatorin und Organisatorin widmete die Batmizwa der fünf Mädchen ihrem Onkel Bernard Majteles sel. A.
Zu den eindrucksvollen Szenen des Abends gehörte das Lichterzünden für die zwölf Stämme Israels. Als Zeichen der Verbundenheit riefen die Batmizwa-Mädchen Angehörige ihrer Familien dazu auf, außerdem Judith Epstein und Monika Langnas. Den Segen hatte zuvor der Gabbai der Possartsynagoge, Jechiel Biber, gesprochen.
Dann aber hieß es feiern: mit Musik und Tanz, dem Kinderchor unter Luisa Persovskaja und der Theatergruppe des Jugendzentrums unter Elena Dinits. Für die fünf Mädchen gab es Geschenke und Gratulationen, und alle freuten sich über die gute Stimmung und das köstliche Essen. Dabei begeisterte die Kinder vor allem der Nachtisch: ein Springbrunnen, aus dem Schokolade fließt.