von Jan-Philipp Hein
Sie soll die weltweite Verbindung nach Deutschland sein. In 30 Sprachen sendet die Deutsche Welle (DW) rund um den Globus. Nach den Anschlägen vom 11. September wollte die DW eine besondere Verbindung in die islamische Welt aufbauen und gründete zu diesem Zweck das Onlineportal Qantara (arabisch für Brücke). Neben der DW sind das Goethe-Institut, das Institut für Auslandsbeziehungen und die Bundeszentrale für politische Bildung Träger.
Jetzt hat die Qantara-Redaktion einen Text des israelisch-deutschen Journalisten Igal Avidan abgelehnt. Avidan porträtierte den aktuellen Preisträger der Buber-Rosenzweig-Medaille, Stef Wertheimer (vgl. JA, 6. März). Man werde, so die Redaktion, den Text nicht bringen, »weil es ein jüdischer Preis ist, der an einen jüdischen Israeli vergeben wurde, der sich offen zum Zionismus bekennt, aber für sein Engagement für israelische Palästinenser ausgezeichnet wurde«. Avidan sagte dieser Zeitung: »Ich war schockiert über die Deutlichkeit der Mail.«
Der Vorfall hat auch den Intendanten der DW, Erik Bettermann, erreicht. »Wir entschuldigen uns für dieses Schreiben«, lässt er seinen Büroleiter Ansgar Burghof ausrichten. Man nehme den Vorfall zum Anlass, die Inhalte von Qantara genauer zu durchleuchten. Mittlerweile ist Avidans Text doch noch auf Qantara erschienen.
Womöglich muss der Chef auch in der Kernredaktion genauer hinsehen. Seit Langem gibt der Chefkorrespondent der Deutschen Welle, Peter Philipp, dem deutschen Teil des iranischen Auslandssenders IRIB monatlich ausführliche Interviews. Das findet man bei der DW bisher nicht problematisch. Sprecher Berthold Stevens: »Die Deutsche Welle ist der Überzeugung, dass sie jedes Forum prüfen und gegebenenfalls nutzen sollte, um deutsche und europäische Positionen zu weltpolitischen Ereignissen durch DW-Journalisten zu platzieren.« Der Dialog mit Menschen in islamischen Ländern sei ein Schwerpunkt der DW.
»Reichlich naiv« findet das der Medienwissenschaftler Norbert Bolz von der TU Berlin. Der Auslandssender des Iran sei ein Propagandainstrument des Regimes. »Hier lässt sich die Deutsche Welle als Feigenblatt missbrauchen«, so Bolz. Auch zum Programmschwerpunkt hat er klare Worte: »Dieser Dialog ist einseitig. Nach der falschen Prämisse, dass alle Probleme durch Dialog zu lösen seien, gibt es keine Terrorregime mehr, mit denen zu reden sich verbietet.« Aus Sicht des Iran sei eine solche Partnerschaft mit der DW nützlich: »So kann man sich gesprächsbereit zeigen, ohne dass es an den eigenen militanten Kern geht.«
Philipp redet dem IRIB-Interviewer zwar nicht nach dem Mund, dennoch spricht er von einem »unfreundlichen Akt gegenüber Iran«, wenn es um die Sanktionen des UN-Sicherheitsrats geht. Kritik am Atomprogramm oder generell an der iranischen Führung hört man von Philipp nicht. Auf Nachfrage sagt Philipp: »Wenn ich das, was ich hier sage, auch im Iran sagen kann, und das ist die Spielregel, sehe ich darin kein Problem.« So kann Philipp auch nicht nachvollziehen, was Bolz mit dem Feigenblatt meint: »Man soll die Dinge nehmen, wie sie sind, und nicht in irgendeinen Kontext stellen.«
Jetzt stellt auch der Vorsitzende des Kultur- und Medienausschusses im Bundestag, Hans-Joachim Otto, den Dialogkurs der Deutschen Welle in Frage: »Ich glaube nicht, dass die Strategie aufgeht«, sagt der FDP-Politiker über das arabische Programm der DW. »Glaubt wirklich jemand, dass die Araber auf die Deutsche Welle gewartet hätten?« Auch die Zusammenarbeit des Chefkorrespondenten mit dem Iran sieht Otto kritisch: »Man muss prüfen, ob das im Sendeauftrag der DW liegt.« Prinzipiell sei aber jede Form von Dialog auch eine Aufwertung eines diktatorischen Regimes.
Ähnlich sieht das der außenpolitische Sprecher der CDU, Eckart von Klaeden: »Dialog ist nur dann sinnvoll, wenn er den Standpunkt der Bundesrepublik Deutschland, der Verbündeten und der Vereinten Nationen vollständig, klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringt.« Deswegen fordert von Klaeden eine »faire Untersuchung« der Vorgänge: »Von einem Redakteur des deutschen Auslandsfunks muss man erwarten, dass er Positionen Deutschlands ungeschmälert darstellt.« Dazu gehöre, dass er die »antisemitischen Ausfälle« des iranischen Präsidenten und dessen Holocaustleugnung für »unakzeptabel« erkläre.