»Wie kann Europa feiern?«
Bob Geldof und Schoa-Opfer fordern von der EU Darfur-Engagement
von Daniel Fallenstein
Immer noch findet in der sudanesischen Provinz Darfur ein schleichender Völkermord statt. Es ist kein Zufall, dass jüdische Organisationen in den USA federführend bei der Lobbyarbeit für Darfur sind. Immer wieder geben die Aktivisten die Schoa als Motiv an, der verfolgten Bevölkerung im Westsuden zu helfen. Dass es sich schlicht um menschliches Mitgefühl handeln könnte, wird auf der Internetpräsenz des »Friedensratschlages« der Uni Kassel bestritten: »Ein Blick auf die Unterstützer der ›Save Darfur‹-Kampagne zeigt die prominente Rolle Israel-naher Organisationen.« Mit dieser Wendung fällt es leicht, jegliches Engagement von Organisationen wie der Anti-Defamation League oder des US Holocaust Memorial Museum als Teil einer zionistisch-amerikanischen Interessenpolitik zu brandmarken. Dass es ausgerechnet das Jüdische Museum Berlin war, das mit seiner Darfur-Aktionswoche dem Thema zu einer einigermaßen angemessenen Medienaufmerksamkeit verhelfen konnte, wird wohl mit einer neuen Verschwörungstheorie gekontert werden.
Das Engagement jüdischer Organisationen wird in Verbindung gebracht mit einer aggressiven amerikanischen Außenpolitik. Und das, obwohl die USA in der Darfur-Frage sehr zurückhaltend agieren. Noch weniger tun allerdings die europäischen Staaten, was die britische Anti-Genozid-Organi- sation Aegis Trust zum Anlass nahm, der Darfur-Aktionswoche im Jüdischen Museum gewissermaßen einen Epilog folgen zu lassen. Am vergangenen Sonntag veranstaltete der Aegis Trust am selben Ort eine Pressekonferenz mit Sir Bob Geldof. Der Musiker und Organisator der Live-Aid-Konzerte sprach gemeinsam mit Überlebenden der Schoa, namentlich der Musikerin Anita Lasker-Wallfisch, sowie der Massaker von Srebrenica, Ruanda und Darfur. Geldof appellierte an die Staatschefs der EU, die zur gleichen Zeit das 50-jährige Bestehen der Europäischen Union feierten. »Es handelt sich um eine Entscheidung, die in wenigen Minuten beim Abendessen gefällt werden kann, und trotzdem bedeutet es sehr viel für die leidenden Menschen in Darfur«, erläuterte er seine Forderung nach Sanktionen gegen Khartum. Die anwesenden Überlebenden bekräftigten ihr Entsetzen über die Passivität der europäischen Staatengemeinschaft: »Wie kann Europa feiern, während sich in Darfur Verhältnisse zusammenbrauen, die man nie wieder zulassen wollte?«