»Wichtig ist der Bezug zu aktuellen Gefahren«
Moshe Kantor über die Bedeutung des Gedenkens am 9. November
Herr Kantor, als Präsident des Europäisch Jüdischen Kongresses (EJC) messen Sie dem Gedenken an den 9. November 1938 eine besondere Bedeutung bei. Warum?
kantor: Nürnberg, Babi Jar und Auschwitz – das sind drei Namen, die die Tragödie der Schoa markieren. Die »Kristallnacht« gehört auch dazu, sie steht in einer Reihe mit diesen schrecklichen Ereignissen. Wichtig ist mir aber nicht nur, die Erinnerung daran zu bewahren, sondern auch einen Bezug zu aktuellen Gefahren für das Judentum weltweit herzustellen, auf sie aufmerksam zu machen. Dazu gehört der wachsende Antisemitismus ebenso wie die nukleare Bedrohung durch den Iran. Das Gedenken muss auch eine aktuelle Botschaft haben.
2008, zum 70. Jahrestag der »Kristallnacht«, wollen Sie mit einer besonderen Veranstaltung auf das Datum hinweisen. Was ist geplant?
kantor: Eine Veranstaltung des EJC in Zusammenarbeit mit der deutschen Regierung. Über Ort, Termin und Form kann ich Ihnen derzeit keine Details nennen. Wir müssen uns noch mit unserem Partner abstimmen. Aber eines kann ich Ihnen schon sagen: Wir planen etwas mit einer europäischen Dimension. Der Holocaust ist die Tragödie des europäischen Judentums. Deshalb muss von der Veranstaltung ein starkes Signal ausgehen.
Wenn man sich hierzulande Gemeindeveranstaltungen zum 9. November anschaut, ist der Anteil der russischsprachigen Juden eher gering. Wie steht es um den verbindenden Gedanken des Gedenkens?
kantor: Es war Hitlers Idee, Juden in »deutsche Juden« und »Ostjuden« zu unterteilen. Wir sollten keinem erlauben, das zu wiederholen. Wir alle sind Juden, wir gehören zusammen. Ich habe oft mit russischsprachigen Juden in Deutschland gesprochen: Sie fühlen den gleichen Schmerz beim Gedenken in Berlin wie in Babi Jar oder Auschwitz.
Stichwort Russland: Sie gelten als Vertrauter von Staatschef Wladimir Putin. Können Sie uns seine Haltung zum Atomstreit mit dem Iran erklären?
kantor: Israel und Russland – beide Länder sind bedroht, beide liegen in Reichweite iranischer Raketen. Es gibt also gemeinsame Interessen. Und die Botschaft der Staatengemeinschaft an Teheran ist eindeutig: Entweder ihr stoppt euch selbst oder wir werden es tun.
Mit dem Präsidenten des EJC sprach
Detlef David Kauschke.