Russland

Wess Brot ich ess

von Clemens Hoffmann

Jeder vierte Jude spricht russisch – weltweit, nicht nur in Russland. Seit 1990 hat die Mehrheit der rund drei Millionen russischsprachigen Juden die ehemalige Sowjetunion verlassen. Während in Israel die weltgrößte russischsprachige jüdische Gemeinschaft entstanden ist, gilt New York inzwischen als bedeutendstes städtisches Zentrum russischer Juden. Und in Deutschland machen die russischsprachigen Zuwanderer inzwischen weit über 80 Prozent der jüdischen Bevölkerung aus.
Unter anderem um jüdische Zuwanderer aus der früheren Sowjetunion bei der Integration am neuen Wohnort zu unterstützen, so die Eigenaussage, gründete sich 2002 der Weltkongress russischsprachiger Juden (WCRJ). In ihm sind Repräsentanten aus 27 Ländern vereint. Auch in Deutschland ist der finanzstarke Verband aktiv. Mehrere Zehntausend Zuwanderer aus der früheren Sowjetunion können nicht in eine Gemeinde aufgenommen werden, weil sie nach der Halacha nicht jüdisch sind. In diese Lücke stößt der WCRJ und finanziert Jugend-, Bildungs- und Kulturprogramme. Auf Bitten russischsprachiger jüdischer Gemeinden und Organisationen vertritt der Weltkongress ihre Interessen gegenüber Behörden und gesellschaftlichen Organisationen des jeweiligen Diaspora-Landes – nicht immer zur Freude der bereits bestehenden jüdischen Dachorganisationen. Der WCRJ unterstützt ferner die Annäherung Russlands und Israels und setzt sich für die Einführung des visafreien Reiseverkehrs zwischen beiden Ländern ein.
Seit vergangenem November hat nun der Weltkongress auch einen Präsidenten: Boris Spiegel. Der 54-jährige Unternehmer sitzt als Senator im Russischen Föderationsrat und ist gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender im Duma-Ausschuss für Wissenschaft, Bildung und Gesundheit. Nach einem Bericht des Wirtschaftsmagazins Forbes profitierte Spiegels Pharma-Firma Biotech in der Vergangenheit mehrmals von russischen Regierungsaufträgen.
Trotz – oder gerade wegen – Spiegels guter Verbindungen zum Kreml sind nicht alle glücklich über seine Wahl zum WCRJ-Präsidenten. Zu viel Nähe zu Putin könnte zu Loyalitätskonflikten führen, befürchten manche. Inna Arolovich von der American Association of Jews from the Former Sovjet Union hat bei Spiegels Wahl als Einzige der 35 Delegierten gegen ihn gestimmt »Auch wenn er intelligent ist, eine solche Organisation sollte niemand führen, der in einer Regierung sitzt«, erklärte Arolovich.
Spiegel selbst sieht in der Doppelrolle keine Probleme: »Ich denke nicht, dass es dort Interessenkonflikte gibt.« Der WCRJ kümmere sich vor allem um wirtschaftliche, rechtliche und soziale Interessen von Juden, die im Ausland lebten.
Doch Loyalitätskonflikte deuten sich bereits an: So prangerte Spiegel im Dezember den Neonazismus in der Ukraine und im Baltikum an und kritisierte die Rehabilitierung von Hitler-Komplizen in der ukrainischen Aufstandsarmee sowie die Justiz im Baltikum, die keinen einzigen Kriegsverbrecher bestraft habe. Auf die zunehmenden antisemitischen Übergriffe in Russland ging der WCRJ-Präsident jedoch mit keinem Wort ein.
Loyalitätskonflikte hin oder her: Spiegels Wahl markiert die wachsende finanzielle und politische Stärke des Weltkongresses, der seine Strukturen immer pro- fessioneller organisiert.

Riesa

Massive Proteste gegen AfD-Bundesparteitag 

Mehrere tausend Menschen sind seit dem frühen Samstagmorgen in der sächsischen Stadt gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße gegangen

 11.01.2025

Medien

Medienwissenschafter: Erleben Großangriff auf unabhängigen Journalismus

Der öffentliche Raum leide unter »sehr reichen, sehr mächtigen Journalismus-Verächtern«

 10.01.2025

USA

Mel Gibson: »Mein Zuhause sah aus wie Dresden«

Zahlreiche Stars sind von der gewaltigen Feuerkatastrophe in Kalifornien betroffen. Auch Mel Gibsons Haus fiel den Flammen zum Opfer. Nach antisemitischen Einlassungen in der Vergangenheit irritiert er nun einmal mehr mit unpassenden Vergleichen

 10.01.2025

Rechtsextremismus

Online-Talk: Musk wirbt erneut für AfD. Weidel rechnet mit Merkel ab

Mit positiven Aussagen über die AfD hat sich der US-Milliardär Musk bereits in den deutschen Wahlkampf eingeschaltet. Nun kommt es auf seiner Plattform X zum virtuellen Treffen mit der Parteichefin

 09.01.2025

Libanon

Parlament wählt Armeechef zum Staatspräsidenten

Es hat 13 Versuche gebraucht, nun gibt es endlich einen neuen Präsidenten. Die Hoffnungen auf einen Umschwung im Land sind groß

 09.01.2025

Menlo Park

Faktenchecker adé: Meta öffnet die Schleusen

Mark Zuckerberg kündigt die Abkehr vom bisherigen Moderationsmodell bei Facebook, Instagram und Threads an. Und das ist längst nicht alles

von Andrej Sokolow, Luzia Geier  09.01.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 9. bis zum 18. Januar

 09.01.2025

Berlin

Weidel trifft Musk zu Online-Gespräch

Der amerikanische Milliardär schaltet sich von den USA aus in den deutschen Wahlkampf ein und macht Werbung für die zumindest in Teilen rechtsextremistische AfD. Jetzt kommt es zum virtuellen Kennenlernen mit Parteichefin Weidel

 09.01.2025

USA

Meta beendet Fakten-Checks und kündigt Zusammenarbeit mit Trump an

Die Änderungen gelten zunächst nur in den USA

 07.01.2025