von Daniela Breitbart
Die Idee kam Geoffrey Clements, dem Chairman des Gemeinde-Councils in Birminghams Hauptsynagoge, vor eineinhalb Jahren. Es war nicht zu übersehen: Die große Synagoge war längst zu groß für die kleine Gemeinde geworden, die Mitgliederzahl schrumpfte. Die meisten jungen Menschen, die Birmingham zum Studium verließen oder nach Israel auswanderten, kehrten nicht zurück, und so versammelten sich Schabbat für Schabbat höchstens 120 Beter in der Synagoge, die doch Platz für etwa 700 Menschen bietet.
Vor zwei Jahren schloss die Gemeinde deshalb die obere Etage des Gebäudes und versuchte, sich mit der anderen Synagoge in Birmingham zusammenzutun – doch ohne Erfolg. Weil die Kosten für die Erhaltung des knapp 50-jährigen Gebäudes immer weiter stiegen, entstand das Redevelopment Project: der Plan, das Gemeindegrundstück zu teilen, die Synagoge zu einem modernen, multifunktionalen Gemeindezentrum umzubauen und die Hälfte des Grundstücks an einen Bauträger zu verkaufen.
»So könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden«, sagt Geoffrey Clements. »Wir hätten ein Gebäude, das uns mehr entspricht, und wir könnten allen Gruppen den Raum bieten, den sie brauchen.« Bnei Akiba, ein Tischtennisverein und die Jewish Film Society – alle sollen unter dem neuen Dach Platz für ihre Aktivitäten bekommen. Auch ein Restaurant ist geplant: »Wir wollen, dass die Menschen unser Gemeindezentrum nicht nur zum Beten und Lernen aufsuchen, sondern täglich herkommen, um sich zu unterhalten oder hier ihre Freizeit zu verbringen.«
Das Angebot soll sich nicht nur an Gemeindemitglieder richten, sondern auch an die zahlreichen Besucher Birminghams, die wegen einer Messe oder Ausstellung in die Stadt kommen. Eine Youth Lounge mit Computerspielen und Fernsehen für Kinder und Jugendliche gibt es bereits, und sie ist laut Geoffrey Clements »sehr erfolgreich«. Überhaupt ist Clements stolz darauf, dass seine Gemeinde relativ jung ist. Birmingham sei eine beliebte Studentenstadt, die Fakultäten für Jura und Medizin hätten einen guten Ruf und zögen viele Jungakademiker an. 30 bis 50 Studenten besuchten jede Woche den Gottesdienst; insgesamt 1.000 jüdische Studenten seien in der Stadt und machten fast ein Drittel der jüdischen Gesamtbevölkerung aus.
Damit sich die Gottesdienstbesucher wohlfühlen, soll der traditionelle Stil der Synagoge aufgegeben und eine, wie Clements sagt, intimere Umgebung geschaffen werden. Doch wie gefällt dies den Gemeindemitgliedern? »Wir erwarten keinen großen Kampf«, sagt Clements. »Die Beter der Hauptsynagoge hängen nicht sehr an dem Gebäude.« Allein für die wenigen ganz alten Gemeindemitglieder könne es emotional schwierig sein, die Synagoge aufzugeben, vermutet Clements. Schwierig wird auch die Entscheidung, was mit den 44 Glasfenstern mit Bibelmotiven passieren soll, die die alte Synagoge schmücken. »Am Ende werden wir sie an ein Museum verkaufen müssen.«
Noch ist das Umbauprojekt erst im Planungsstadium. Das Problem ist – wie so oft – das Geld. Etwa drei Millionen Euro werden Sanierung und Umbau des neuen Gebäudes kosten, das sicher nur zum Teil durch den geplanten Verkauf der einen Grundstückshälfte finanziert werden kann. Zusätzlich hofft Clements auf Spenden, aber: »Die sind kaum wahrscheinlich.«
Architekten wurden beauftragt, Entwürfe zu liefern, gleichzeitig müssen die Genehmigungen für das Wohnungsbauprojekt eingeholt werden. Denn auf dem zu verkaufenden Gelände sollen nach den Plänen der Gemeinde Wohnungen entstehen. »Es ist einfacher zu verkaufen, wenn die Erlaubnis erteilt ist«, sagt Clements. Gerne würde er den Teil des Grundstücks ebenfalls für jüdische Zwecke nutzen, »aber dafür haben wir keinen richtigen Bedarf«, bedauert er. Übrigens sei er mit seinem Redevelopment Project nicht der Einzige im Vereinigten Königreich, verrät der Chairman. Auch in Liverpool und sogar in London gebe es ähnliche Vorhaben.