Meinung

Weltkirchenrat: Im Gespräch bleiben

Die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen wird von Antisemitismusvorwürfen überschattet. Der Dialog zwischen Juden und Christen darf aber nicht abreißen, findet unser Autor

von Rabbiner Andreas Nachama  31.08.2022 23:50 Uhr

Andreas Nachama Foto: Gregor Zielke

Die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen wird von Antisemitismusvorwürfen überschattet. Der Dialog zwischen Juden und Christen darf aber nicht abreißen, findet unser Autor

von Rabbiner Andreas Nachama  31.08.2022 23:50 Uhr

In Karlsruhe findet dieser Tage die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, auch Weltkirchenrat genannt, statt. Antisemitismusvorwürfe überschatten diese Vollversammlung: Immer wieder ergreifen die Kirchen einseitig Partei für die Palästinenser, von einer Delegitimierung des Staates Israel wird gesprochen. Auch in Deutschland gibt es kirchliche Einrichtungen, die der BDS-Bewegung mit vollem Herzen zustimmen.

Die wenigen im geschwisterlichen Dialog mit Juden fest verankerten deutschen Delegierten dieser internationalen Vollversammlung werden bestenfalls ihre abweichende Haltung zum Ausdruck bringen können, sich bedauerlicherweise aber nicht durchsetzen.

Man könnte das Ende des christlich-jüdischen Dialogs ausrufen – doch ich halte dem entgegen: Das Gegenteil ist der Fall!

Man könnte jetzt das Ende des christlich-jüdischen Dialogs der Nachkriegszeit ausrufen – doch ich halte dem entgegen: Das Gegenteil ist der Fall! Der christlich-jüdische Dialog nach der Schoa hatte immer mit Ewiggestrigen zu tun: mit denen, die legitime Kritik am Handeln israelischer Regierungen mit Delegitimierung des Staates verwechseln, mit denen, die mit unterschiedlichsten Argumenten an der christlichen Judenmission, an »Judensauen« und Hakenkreuzglocken festhalten wollen.

Bekenntnis Aber der Dialog festigt sich immer mehr, verabschiedete doch am 9. November 2016 die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eine Erklärung, in der es heißt: »Christen sind – ungeachtet ihrer Sendung in die Welt – nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen. Alle Bemühungen, Juden zum Religionswechsel zu bewegen, widersprechen dem Bekenntnis zur Treue Gottes und der Erwählung Israels.«

Dass diese Botschaft noch nicht die ganze christliche Welt erreicht hat, ist mehr als bedauerlich, aber kein Grund zum Aufgeben. Wir sollten gemeinsam friedlich handeln, glauben wir doch gemeinsam daran, dass die Erlösung kommt – und die Christen daran, dass sie wiederkommt.

Der Autor ist Jüdischer Präsident des Deutschen Koordinierungsrates der
Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

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