Nach der vierten Filmpräsentation an einem einzigen Tag blieb Nicola Galliner fast die Stimme weg. Dennoch hat die Festivalleiterin Grund zur Freude. Denn das Programm des 12. Jewish Film Festival wirkt rundum gelungen und läßt kaum ein Thema aus, das im Judentum weltweit auf der Tagesordnung steht: Überkanditelte Barmizwa-Feiern, der Dating-Streß jüdischer Töchter, die Judenfeindschaft in französischen Vorstädten und die internen Probleme der Orthodoxie. Bis Ende dieser Woche präsentiert das Festival unter dem Motto »Töchter, Talmud, Tore« 19 Filme im Kino Arsenal am Potsdamer Platz.
Einer der Höhepunkte: Little Jerusalem. Der Erstling der französischen Filmemacherin Karin Albou spielt in einer Vorstadt von Paris und schildert die Konflikte zweier Schwestern, die in einer jüdischen Einwandererfamilie aus Tunesien aufwachsen. Nicht nur mit den Beschränkungen durch die Regeln der Orthodoxie haben die jungen Frauen zu kämpfen, sondern auch mit antisemitischen Angriffen auf ihre Gemeinde. Der Film lebt nicht zuletzt von den Nahaufnahmen der Schauspielerinnen und dem Versuch seiner Akteure, ihr Leben in einer tristen Umgebung menschlicher zu gestalten. Ushpizin, ein israelischer Publikumshit mit ultra-orthodoxen Schauspielern, zeigt das Leben in der Gemeinschaft der Charedim in Jerusalem dagegen aus humoristischerer Sicht.
Nach einer »langen Nacht des israelischen Fußballs« an diesem Donnerstag haben die Zuschauer am Sonntag, 28. Mai, noch Gelegenheit, den israelischen Kultfilm Cup Final mitzunehmen. Letters from Rishikesh, der letzte aktuelle Spielfilm des Programms, schildert einen Indien-Trip junger Israelis. Am Sonntagnachmittag, 17 Uhr, präsentiert der israelische Schauspieler Wladimir Fridman Lieder in russischer Sprache.
In der kommenden Woche, vom 29. bis zum 31. Mai, ist das Festival im Filmmuseum Potsdam zu Gast. Auf dem Programm steht unter anderem die US-Komödie West Bank, die den israelisch-palästinensischen Konflikt aus der Sicht konkurrierender Schnellimbisse karikiert. Leider bleibt der Frieden zwischen den Angestellten von »Kosher King« und »Humus Hut« nicht von Dauer. Außerdem wird die Schweizer Doku Matchmaker gezeigt, in dem die Filmemacherin vergeblich auf Männersuche geht.
Das 12. Jewish Film Festival, das in diesem Jahr seine »Batmizwa« feiert, begann am vergangenen Sonntag mit einem glänzenden Konzert im Berliner Ensemble: Ein Crossover aus Chasanut, Jazz und Gospel. Ursprünglich war ein gemeinsamer Auftritt der US-Kantoren Jacob Mendelson und Roslyn Barak geplant. Nachdem Mendelson erkrankte, sprang die Berliner Soulgröße Jocelyn B. Smith ein. Finanziert wird das Festival vom Hauptstadtkulturfonds, der Bundeszentrale für Politische Bildung, dem Medienboard Berlin-Brandenburg und dem Bündnis für Demokratie und Toleranz. Elmar Weingarten, Kurator des Hauptstadtkulturfonds, richtete in seiner Ansprache deutliche Worte an Gideon Joffe, den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin: »Ich wünsche mir, daß die Jüdische Gemeinde in Zukunft das Festival wieder an ihr gar nicht so armes Herz drückt.« Vor einem Jahr hatte die Gemeinde die finanzielle Unterstützung des Festivals weitgehend eingestellt. Ayala Goldmann
Das Festivalprogramm; www.jffb.de