deutsch-israelisches Wissenschaftsjahr

Weise in Jerusalem

von Ingo Way

Lange dauert es nicht, so ein Jahr. Gerade einmal 365 Tage. Rund 250 davon standen 2008 ganz im Zeichen der Wissenschaft. Genauer gesagt im Zeichen der deutsch-israelischen Wissenschaftsbeziehungen. Mittelpunkt dabei waren Medizin, Umweltforschung und zivile Sicherheit. Ein wichtiger Akzent lag auch auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Und so verlieh Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) während ihres Israelbesuchs vom 16. bis 18. November erstmals den neu ausgelobten und mit 400.000 Euro dotierten Nachwuchspreis »Arches« an ein deutsch-israelisches Team aus Sprachwissenschaftlern. »Wissenschaft als Diplomatie des Vertrauens«, unter diesem Mottow wurde das Jahr im vergangenen Mai von der Ministerin Schavan und ihrem israelischen Amtskollegen Galeb Majadle (Arbeitspartei) in Berlin eröffnet.
Dass die ersten Preisträger nun Linguisten sind, ist durchaus Programm. Das Wissenschaftsjahr sollte bei aller Begeisterung über Nanotechnologie und neue Softwarelösungen auch den Geisteswissenschaften ihren gebührenden Platz zuweisen. Am 3. Juni etwa eröffnete Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) an der Universität Haifa das Zentrum für Deutschland- und Europastudien. Das »Haifa Center for German and European Studies« soll eine Brücke zwischen den Geisteswissenschaften und den Sozial-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften schlagen. Bereits am 18. März hatte die Ministerin Schavan an der Hebräischen Universität Jerusalem ein Zentrum für Deutschlandstudien eröffnet.
Geistes- und Sozialwissenschaftler stellten unter Beweis, dass sie zu den brennenden Themen unserer Zeit etwas zu sagen haben. Beispielsweise zu dem Thema »Das Streben nach einer gerechten und effektiven Weltordnung«. Dazu veranstalteten die Universität Tübingen und das Einstein-Zentrum der Hebräischen Universität Jerusalem im Mai einen akademischen Workshop.
Unter dem Titel »Empathie und Distanz – zur Bedeutung der Übersetzung aktueller Literatur« fand im Juni an der Universität Tel Aviv die Jahrestagung der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik (GIG) statt. Mehr als 60 Übersetzer, Dramaturgen und Wissenschaftler aus Israel, Deutschland, Österreich, der Schweiz, der Türkei, Russland, Indien und Bulgarien befassten sich unter anderem mit der Übersetzungstheorie Walter Benjamins und mit interkulturellen Aspekten bei der Übersetzung vom Deutschen ins Hebräische. Im November hielt sich auf Einladung der Humboldt-Universität zu Berlin und dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte eine Delegation aus 20 Wissenschaftlern in Berlin auf, um ihre die bisherige Tätigkeit am Einstein-Zentrum vorzustellen. Im Kinosaal der Humboldt-Universität, der früher ein Hörsaal war, in dem auch Einstein Vorlesungen gehalten hat, präsentierten die Wissenschaftler aus Jerusalem ihre Forschungsergebnisse aus den Fachrichtungen Einsteins: Astrophysik, Kosmologie, Geistes- und Sozialwissenschaften.
Um die Geisteswissenschaften zu stärken, gab Ministerin Schavan im November die Gründung eines Minerva Humanities Center an der Tel Aviv Universität bekannt. Als weiteres Förderinstrument stellte sie die »Martin Buber Society of Fellows« an der Hebräischen Universität vor, die von der Bundesregierung finanziert wird. Ab dem Wintersemester 2009 sollen fünf israelische und deutsche Doktoranden aus den Geistes- und Kulturwissenschaften zu einem interdisziplinären Forschungsaufenthalt nach Jerusalem eingeladen werden.
»Die Society soll junge Talente fördern, indem sie ihnen exzellente Arbeitsbedingungen bietet: Stipendien, Infrastruktur und Betreuung durch erfahrene Wissenschaftler«, sagt die Rektorin der Hebräischen Universität, Sarah Stroumsa. »Die Hebräische Universität wird somit zur Gastgeberin für die zukünftige intellektuelle Elite in den Geisteswissenschaften. Ich glaube, dass eine solche Gemeinschaft junger Wissenschaftler Brücken zwischen Ländern und Kulturen bauen kann.«
Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber (1878-1965), der zu den Gründern der Hebräischen Universität gehört und nach seiner Vertreibung aus Nazideutschland im Jahr 1938 dort lehrte, hätte sich über diese Namensgebung sicher gefreut.
.

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025

Berlin

Kreise: Union will Gesetz doch zur Abstimmung stellen

Hinter verschlossenen Türen wurde in den Unionsparteien viel über das »Zustrombegrenzungsgesetz« gesprochen. Nun gibt es laut Teilnehmern eine Entscheidung

 31.01.2025

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehoud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 30. Januar bis zum 5. Februar

 30.01.2025

Österreich

»Gegen Antisemitismus und Antizionismus aufstehen«

Der Bundeskanzler, dessen ÖVP Koalitionsgespräche mit der rechtsextremen FPÖ führt, sagt, weder Hass noch Ausgrenzung dürfe Platz geboten werden

 27.01.2025

Irland

Eklat mit Ansage beim Holocaust-Gedenken

Nach seinem Exkurs zum Gaza-Krieg bei der Gedenkfeier in Dublin hagelt es scharfe Kritik am irischen Staatspräsidenten

von Michael Thaidigsmann  27.01.2025

Berlin

Scholz zu Auschwitz-Gedenken: Müssen Erinnerung hochhalten

Am 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers wird der Opfer des NS-Terrors gedacht. Viele Zeitzeugen sind mittlerweile gestorben

 27.01.2025

Gedenken

Mehr Menschen sollen sich Auschwitz anschauen

Wer einmal dort war, stelle sich die Frage, warum die Erinnerung wachgehalten werden muss, nicht, so Zentralratspräsident Schuster

 26.01.2025

Geisel-Abkommen

Scholz: Es müssen weitere Geiseln freikommen

Noch immer sind auch deutsche Staatsbürger in der Gewalt der Hamas

 25.01.2025