von Matthias Küntzel
Am 11. und 12. Februar kam in Jerusalem das von Ex-Minister Nathan Scharansky gegründete »Weltforum für den Kampf gegen den Antisemitismus« zusammen. Erstmals hatte das israelische Außenministerium zu dieser Zusammenkunft von 160 Akademikern, Politikern und Vertretern von Organisationen, die den Judenhass weltweit bekämpfen, eingeladen. Außenministerin Zipi Livni eröffnete die Konferenz mit der Ankündigung, den Kampf gegen den globalen Antisemitismus zu einem Schwerpunkt der israelischen Außenpolitik zu machen. Hierfür wurde im Außenministerium eine neue Abteilung für Antisemitismus- und Holocaust-Angelegenheiten eingerichtet. Als unmittelbares Aktionsprogramm schlug Livni eine Öffentlichkeitskampagne gegen den Iran und eine Anklageerhebung gegen Ahmadinedschad wegen Anstiftung zum Völkermord vor. Zweitens forderte sie die Entwicklung differenzierter Strategien im Kampf gegen Antisemitismus und den Aufbau von Bündnissen mit nichtjüdischen Organisationen. Drittens kündigte sie eine diplomatische Kampagne gegen die antisemitische Hetzpropaganda in der muslimischen und arabischen Welt an. Als vermutlich erstes Regierungsmitglied der Welt verlas Livni vor laufenden Kameras eine längere antisemitische Passage aus der Charta der Hamas.
Die vom radikalen Islam ausgehenden Gefahren standen auch im Mittelpunkt des Vortrags des renommierten Antisemitismusforschers Robert Wistrich: »Sie haben Blut gerochen. Sie glauben tatsächlich, eine Welt ohne Israel verwirklichen zu können«, erklärte er und verwies auf islamistische TV-Serien, die noch schlimmer als die antisemitischen Filme der Nazis seien. Wistrich warnte vor einem »,Hitler‹ mit Atomwaffen«: Der islamistische Antisemitismus sei gleichzeitig suizidal und genozidal. Er warnte aber auch vor einem spezifischen, zumeist akademischen Milieu im Westen, das unter dem Banner des Antirassismus von einer Welt ohne Israel schwärme: »Die Unterschiede zwischen den ›harten‹ und den ›weichen‹ Antisemiten werden gegenwärtig immer kleiner.«
Der »weiche« Antisemitismus innerhalb der westlichen Intelligenz stand im Mittelpunkt des Vortrags von Anthony Julius von der London University. Julius wies auf die großen Unterschiede zwischen Nazi-Antisemitismus und Neuem Antisemitismus hin: Letzterer gehe nicht vom Staat, sondern von der Zivilgesellschaft aus. Er richte sich nicht generell gegen Juden, sondern werde auch von jüdischen Repräsentanten getragen (»Es gibt heute einen neuen Typus von Juden, der stolz erklärt, sich zu schämen, Jude zu sein.«). Er sei eher im Lager der Linken als im Lager der Rechten angesiedelt und integriere den Hass auf Israel in ein umfassendes ideologisches Konzept, das weitaus schwerer zu kontern sei als der Antisemitismus von rechts. Julius’ Vorschlag, besser von einem »Neuen Antizionismus« und von »Mitläufern des Antisemitismus« anstelle von Antisemiten zu sprechen, stieß jedoch auf Kritik.
Die Hauptarbeit dieser Konferenz wurde in Arbeitsgruppen geleistet, die sich mit Themen wie »Juristische Initiativen«, »Mediale Initiativen« und »Antisemitismus an den Universitäten« beschäftigten. Aus Deutschland nahmen an der Konferenz, abgesehen vom Autor dieser Zeilen als Vorstandsmitglied der Organisation »Scholars For Peace In The Middle East«, nur noch der »Sonderbeauftragte für Beziehungen zu jüdischen Organisationen« des Auswärtigen Amtes, Benedikt Haller, teil, der zur Abschlussveranstaltung anreiste und die deutsche Vorreiterrolle im Kampf gegen den Antisemitismus innerhalb der EU herausstellte.