von Miryam Gümbel
Im Rahmen der Feierlichkeiten zur 60-jährigen Staatsgründung Israels hatte die Hanns-Seidel-Stiftung in das Jüdische Gemeindezentrum am Jakobsplatz eingeladen. Diese Kooperationsveranstaltung mit der Israelitischen Kultusgemeinde stellte einen Besucherrekord auf. 600 Plätze reichten gerade aus, so groß war das Interesse an dem Thema »Politik im Spannungsfeld der Religionen«.
Gespannt lauschte das Publikum den Grußworten von Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch und Hans Zehetmair, dem Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung. Charlotte Knobloch sprach über das religiöse Miteinander und betonte die Bereitschaft der Israelis zum Frieden mit ihren Nachbarn. Mit Blick auf das Podium meinte sie, eine Frau hätte sich dort sicherlich gut gemacht. Zehetmair unterstrich das Engagement der Stiftung in Israel. Einen Beitrag für Frieden, Demokratie und Entwicklung zu leisten, sei eine Maxime der Hanns-Seidel-Stiftung.
Professor Michael Stürmer war als Moderator bei den gegensätzlichen Standpunkten von Michael Wolffsohn, Professor für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr, und seinem Kollegen Professor Udo Steinbach vom Centrum für Nah- und Mitteloststudien durchaus gefordert. Steinbach bemühte sich um Verständnis für die Bevölkerung im Iran, die, obwohl sie ihren Präsidenten demokratisch gewählt hatte, doch vielfach am liebsten auswandern würde. Dies belegten Studien vor allem bei den jugendlichen Einwohnern im Iran. Jedoch die Forderung »Israel nicht unbedingte Solidarität aufgrund der Siedlungspolitik zu gewähren«, steigerte nicht gerade die Gunst und Zustimmung im Publikum. Besonders seine negative Haltung zur Solidaritätserklärung für Israel von Bundeskanzlerin Angela Merkel stieß bei vielen der Anwesenden auf ein negatives Echo. Nathan Kalmanowicz, Mitglied im Präsidium und Direktorium des Zentralrates der Juden in Deutschland, informierte über das Spektrum heutigen jüdischen Lebens vor dem Hintergrund der vielfältigen religiösen Ausrichtungen. Er schilderte den Aufbau der Rabbinerkonferenzen, dabei betonte er die gemeinsamen Lösungsansätze unter Einbeziehung amerikanischer Einflüsse.
Als weitere Diskussionsteilnehmer waren der Gesandte der Botschaft des Staates Israel, Ilan Mor, sowie der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Christian Schmidt, aus Berlin angereist. Während der Bundestagsabgeordnete Säkularisierung statt Sakralisierung forderte, schilderte Ilan Mor die tägliche Bedrohung der Bevölkerung in Israel, der einzigen Demokratie im Nahen Osten westlicher Prägung. Die nicht aufhörenden Hasstiraden aus dem Iran und der Terrororganisationen Hamas und Hisbolla gäben wenig Spielraum für Verhandlungen, so der Diplomat. Nach 60 Jahren habe sich gezeigt, dass Israel eine starke Gesellschaft sei, die nicht einfach wie ein Spinnennetz weggefegt werden könne. Mit 60 Jahren sei der Staat aber auch noch ganz jung und müsse Verantwortung für seine Gesellschaft tragen. Es gäbe noch sehr viel zu tun. Dazu gehöre auch der Umgang mit der Bedrohung durch die Nachbarn, dem das einzige westlich geprägte, demokratische Land im Nahen Osten gegenüber steht.
Was den häufig als Mauer kritisierten Sicherheitszaun betrifft, so habe dieser bereits vielen Israelis das Leben gerettet. Für seine Bemerkung, dass es besser sei unpopulär zu sein, aber am Leben zu bleiben, bekam Mor von großen Teilen des Publikums Applaus.
Der Kultusdezernent aus dem Zentralrat, Nathan Kalmanowicz, wies abschließend unmissverständlich darauf hin, dass Antizionismus häufig nur als Tarnung für eine nicht legitime Form des Antisemitismus eingesetzt werde. Er betonte, dass niemand an der Notwendigkeit der Zweistaatenlösung zweifele und verwies in diesem Zusammenhang auch auf die demografische Entwicklung der Region.
Im Anschluss lud die Hanns-Seidel-Stiftung zu einem Empfang ein. Hier diskutierten die Gäste noch lange in Einzelgesprächen über die komplexe Thematik. Für die Veranstalter waren diese Gespräche neben den vielen Besuchern eine weitere Bestätigung des immensen Interesses am Thema Wechselwirkungen zwischen Religion und Politik.