Esther Schapira

Was aus dem Gedenken folgen muss

Der Schoa-Überlebende Saul Friedländer hatte uns vor dem Bundestag Wichtiges zu sagen

von Esther Schapira  07.02.2019 08:12 Uhr

Esther Schapira Foto: dpa

Der Schoa-Überlebende Saul Friedländer hatte uns vor dem Bundestag Wichtiges zu sagen

von Esther Schapira  07.02.2019 08:12 Uhr

Als Deutsche sage ich: »Danke, Professor Friedländer, für Ihre eindringliche Rede im Bundestag zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus!« Als Angehörige einer jüdischen Familie frage ich mich, ob alle Ihre Zuhörer Sie verstanden haben. Applaus kam diesmal aus allen Fraktionen. Von rechts, wo die AfD wutentbrannt davonrannte, als Charlotte Knobloch ihr im Bayerischen Landtag den Spiegel vorhielt. Und auch von links, wo Sahra Wagenknecht noch 2010 dem zum selben Anlass sprechenden israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres schamlos den Respekt verweigert hatte.

Der Überlebende Saul Friedländer schilderte schmerzhaft konkret persönliche Schicksale wie sein eigenes. Er belegte, dass die Schoa unter Teilnahme der Allgemeinheit geschah. Daraus folge eine »moralische Verpflichtung«, die Existenz Israels zu verteidigen. Beifall auch dafür. Und er erinnerte daran, dass Hitler offen die »Vernichtung der jüdischen Rasse« propagierte. Fast wortgleich kündigte so vor wenigen Tagen der Iran einmal mehr die »Vernichtung« des jüdischen Staates an: »Israelis (werden) nicht einmal mehr einen Friedhof in Palästina haben, um ihre Leichen zu begraben.« Eine passende Rakete für diesen Zweck wurde gerade der Öffentlichkeit vorgestellt.

Hat die Bundesregierung verstanden,
dass Geschäfte mit dem Iran die Judenmörder von morgen stärken?

PALÄSTINAFREUNDE Der gebürtige Tscheche Pavel und heutige Israeli Saul Friedländer hat erfahren, wie tödlich es endete, Mörder durch Appeasement stoppen zu wollen. Hat die Bundesregierung zugehört und so verstanden, dass Geschäfte mit dem Iran die Judenmörder von morgen stärken? Und haben alle Palästinafreunde, die applaudiert haben, als Friedländer angesichts des »obsessiven Angriffs auf Israel« vom »Beigeschmack eines notdürftig verhüllten Antisemitismus« sprach, verstanden, dass auch sie gemeint waren?

Mir ist völlig egal, in welchem Gewand Judenhass daherkommt. Rechte Schoa-Verharmloser, muslimische Hetzer, linke Israelhasser – ich finde alle gleichermaßen zum Kotzen. Und ich weiß auch, dass jene Rassisten, die mit krokodilstränenreichem Blick auf gestern vorgeben, Juden zu schützen, indem sie heute Hass auf Flüchtlinge schüren, meine Gegner sind. Judenhass ist Menschenhass. Wer dem Flüchtling Pavel Saul Friedländer zugehört hat, hat das verstanden.

Die Autorin ist Abteilungsleiterin Politik beim Fernsehen des Hessischen Rundfunks.

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