Italien

»Warum jetzt schon verurteilen?«

Chefin der »Fratelli d’Italia«: Giorgia Meloni Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com


Mit 26 Prozent aller Stimmen hat Giorgia Meloni am 25. September die Parlamentswahl gewonnen und ihre rechtsextreme »Fratelli d’Italia« (Brüder Italiens) zur stärksten Partei gemacht. Die 46-Jährige weiß, dass sie auf eine absolute Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments zählen kann und bereitet sich darauf vor, erste Frau an der Spitze der Regierung zu werden.

Am 28. September gingen in etlichen italienischen Städten Menschen auf die Straße, um gegen Meloni zu protestieren. Sie wissen, dass Melonis Wurzeln in der neofaschistischen »Movimento Sociale Italiano« (MSI) liegen, die 1946 aus der Asche des faschistischen Regimes geboren wurde.

Doch Meloni möchte nicht als Neo- oder Postfaschistin bezeichnet werden: »Wir haben den Faschismus seit Jahrzehnten der Geschichte überlassen und den Verlust der Demokratie, die unerhörten antijüdischen Gesetze und die Tragödie des Zweiten Weltkriegs entschieden verurteilt«, sagte sie kürzlich in einem Interview mit der Zeitung »Israel Hayom«.

POSITION Und wie kommentieren die italienischen Juden das Wahlergebnis? Die Präsidentin der jüdischen Dachorganisation Unione delle Comunità Ebraiche Italiane (UCEI), Noemi Di Segni, »hat noch keine Position zu den Wahlen entwickelt«, war auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen aus ihrem Büro zu hören.

Mit der Niederlage bei den Wahlen verlässt auch Emanuele Fiano von der gemäßigt linken »Partito Democratico« (PD) die Bühne. Der frühere Präsident der Mailänder jüdischen Gemeinde und Sohn eines Auschwitz-Überlebenden setzte sich als Abgeordneter für die Erinnerung an die Opfer der Schoa ein und warb bei den Italienern für ein besseres Verständnis Israels. In seinem Wahlkreis in der Nähe von Mailand wurde Fiano von Isabella Rauti, der Tochter des ehemaligen Chefs der neofaschistischen MSI, geschlagen.

»Der Faschismus hat eine unauslöschliche Wunde hinterlassen. Gleichzeitig glaube ich nicht, dass wir Angst haben müssen«, sagte Walker Meghnagi, der derzeitige Präsident der jüdischen Gemeinde Mailand, der Jüdischen Allgemeinen.

Mehr dazu in unserer Printausgabe am Donnerstag.

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