von Laura Capatana Juller
Bald geht’s los. Im Zentrum der rumänischen Hauptstadt Bukarest soll demnächst ein Holocaust-Mahnmal entstehen. Schon vor zwei Jahren wurde der Grundstein gelegt. Doch der Baubeginn steht wegen des langen Genehmigungsverfahrens noch nicht fest. Allerdings versichern mehrere Behörden, dass mit dem Bau noch in diesem Jahr begonnen werden kann.
Das Mahnmal soll der rund 400.000 Juden des Landes gedenken, die Opfer des Nationalsozialismus wurden, aber auch der etwa 12.000 Roma aus den damals zu Rumänien gehörenden Gebieten. »Die barbarischen Ereignisse aus der Zeit des Holocaust dürfen sich niemals wiederholen« mahnte Rumäniens Ministerpräsident Calin Popescu Tariceanu kürzlich: »Wir müssen gegen jedwede Art der Diskriminierung und Intoleranz kämpfen.«
Seit 2004 ist die Existenz des Holocaust in Rumänien offiziell anerkannt. Dies geschah als Reaktion auf einen Bericht einer internationalen Kommission unter Vorsitz des Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel. Seither gilt der 9. Oktober als nationaler Gedenktag der Schoa, denn an diesem Tag im Jahre 1941 begannen die Deportationen jüdischer Männer, Frauen und Kinder aus der damals rumänischen Bukowina.
Das Bukarester Mahnmal besteht aus fünf Skulpturen und soll auf einer Fläche von 2.894 Quadratmetern errichtet werden. Mittelpunkt ist ein begehbares Gebäude, das zum Teil tiefer gelegen ist. Das Kellerartige soll an die Bedingungen erinnern, unter denen viele Juden während der Schoa leben und arbeiten mussten.
An der Seite des Gebäudes wird eine 17 Meter hohe Säule den Platz markieren, die für die Erinnerung steht, ein dreidimensionaler Davidstern als Sinnbild für die jüdischen, die stilisierte Skulptur eines Rades für die Roma-Opfer, sowie ein Bodenrelief, das an die unmenschlichen Transporte in Viehwaggons erinnern soll.
Der Entwurf für das Holocaust-Mahnmal stammt von dem 1935 in Rumänien geborenen, heute bei Pforzheim lebenden Bildhauer Peter Jacobi. Die Davidstern-Skulptur hat Jacobi schon vor 15 Jahren gestaltet und im Berliner Martin-Gropius-Bau sowie in Frankreich ausgestellt. Auch der Entwurf des zentralen Erinnerungsbaus ist nicht neu. Er wurde vor fast drei Jahrzehnten in Berlin bei einem Wettbewerb für eine Gedenkstätte für die Opfer der Naziverfolgung ausgezeichnet.
Das Fünf-Millionen-Euro-Projekt soll an historischem Ort entstehen: vor dem ehemaligen Innenministerium, wo Rumäniens ehemaliger Regierungschef Ion Antonescu 1940 die Vertreibung und Ver- folgung der Juden und Roma des Landes veranlasste.
»Zunächst wird mit dem Bau des zentralen Memorials begonnen, anschließend wird das Gelände gestaltet«, sagt Jacobi. Die Skulpturen will er in Deutschland herstellen lassen, bis Ende Dezember sollen sie fertig sein. Der Künstler schätzt, dass die Bauarbeiten ein bis anderthalb Jahre dauern werden. »Mir ist versprochen worden, dass wir die Genehmigungen bald erhalten werden«, sagt Irina Cajal, Beraterin im Kulturministerium und Tochter des früheren Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Rumäniens, Nicolae Cajal sel.A. Das Nationale Elie-Wiesel-Institut zum Studium des Holocaust in Rumänien, das sich für dieses Projekt seit Anbeginn einsetzt, hofft, das Mahnmal nächstes Jahr am 9. Oktober einweihen zu können. Der stellvertretende Institutsleiter Alexandru Florian sagt, das Holocaust-Mahnmal habe auch einen pädagogischen Wert. »Jeder, der durch das Zentrum von Bukarest geht, kann einige Minuten dort verbringen und einen Teil der rumänischen und europäischen Geschichte kennenlernen.« Gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde hat das Institut an den Schulen des Landes die Geschichte des Holocaust als Wahlfach einführen können. »Die rumänische Gesellschaft hat noch große Informationslücken in Bezug auf den rumänischen Holocaust«, sagt Jacobi. Er hat unterschiedliche Reaktionen auf das Projekt erlebt, »von Zustimmung bis Ablehnung«.
Für die rund 9.000 Mitglieder der jüdischen Gemeinde Rumäniens hat das Monument eine große Bedeutung. Die meisten von ihnen haben in der Schoa Fami- lienangehörige verloren. Vor dem Krieg lebten in Rumänien rund 800.000 Juden. Der Großteil der Überlebenden wanderte nach Israel aus.