Wandel durch Forschen
Ein internationales Projekt fördert Verständnis zwischen Europa und Nahost
von Dirk Hempel
Was wie eine Reaktion auf aktuelle politische Ereignisse klingt, ist das Ergebnis langer Vorarbeit: Das internationale Forschungsprogramm »Europa im Nahen Osten – der Nahe Osten in Europa« will das gegenseitige Verständnis fördern. Das Programm ist eine Kooperation der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften mit dem Wissenschaftszentrum Berlin und der Fritz Thyssen Stiftung.
Das am vergangenen Donnerstag vorgestellte Projekt bündelt mehrere Arbeitskreise, die sich vor allem dem europäisch-islamischen Verhältnis widmen. »Es ist das Ergebnis langjähriger Zusammenarbeit«, erklärt Günter Stock, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Systematisch soll ein interdisziplinäres Netzwerk von Geisteswissen- schaftlern aus Europa, den arabischen Staaten und Israel entstehen.
Gemeinsam arbeiten, gemeinsam forschen, gemeinsam streiten und dadurch das interkulturelle Verständnis füreinander fördern – das ist die Idee. Aus Israel beteiligt sich unter anderen Amnon Raz-Krakotzkin, Geschichtsprofessor von der Ben-Gurion-Universität, an dem Forschungsprogramm.
Der ständige Austausch erfolgt in einem gemeinsamen Forum, das derzeit noch konzipiert wird. »Schärfe und Offenheit im Umgang miteinander sind dabei wichtig«, betont Gudrun Krämer, Islamwissenschaftlerin an der Freien Universität Berlin. Gerade beim Thema Israel komme »in der arabischen Welt viel Emotion und Projektion hinzu«.
Zwei Millionen Euro stellt die Thyssen-Stiftung bis 2011 für das Projekt zur Verfügung. »Das sind etwa zwölf Prozent unserer gesamten Förderausgaben«, betont Jürgen Regge vom Stiftungsvorstand. Vor allem Auslands-Stipendien für den wissenschaftlichen Nachwuchs aus dem Nahen Osten sollen mit dem Projektgeld finanziert werden – und eine Annäherung bewirken. »In ihren Gesellschaften sind die Geförderten dann Botschafter unserer Kultur«, hofft Regge.
Das aber, betonen alle Beteiligten, ist ein langfristiger Prozeß, für den es mehr braucht als ein einziges Projekt. Die aktuellen politischen Ereignisse zeigen schließlich, wie kompliziert das europäisch-islamische Verhältnis ist. Und so erkundigt Akademie-Präsident Stock sich schon mal bei Regge: »Was machen Sie eigentlich mit den restlichen 88 Prozent Ihres Budgets?«