Heiratswillig

Wahl fürs Leben

von Sabine Brandes

Das Monopol der Heirat liegt in Israel in den Händen des Rabbinats. Eine zivile Eheschließung, wie etwa in Deutschland, existiert nicht – zumindest derzeit noch nicht. Denn zum Beispiel Avigdor Lieberman, Vorsitzender der Einwandererpartei »Unser Heim Israel«, machte die Zivilehe im vergangenen Wahlkampf zu einem seiner Topthemen.
Lieberman strebt jedoch keine strikte Trennung von Staat und Religion an, sondern eher eine Art Ausnahmelösung für viele seiner Wähler, Nichtjuden aus der ehemaligen Sowjetunion. Schätzungsweise leben etwa 300.000 von ihnen in Israel. Bislang können sie hier nicht heiraten undmüssen dafür extra ins Ausland reisen, denn außerhalb der Landesgrenzen ge-
schlossene Ehen, sei es zwischen Nichtjuden, Juden oder gemischten Paaren, werden in Israel anerkannt. Auch Zipi Livni von der Kadimapartei hatte sich vor den Knessetwahlen für zivile Heirat ausgesprochen.
Bei einem Treffen zwischen »Unser Heim Israel« und der ultraorthodoxen Schas-Partei – traditionell gegen die Zivilehe – sah es bereits nach einem ersten Kompromiss aus. Er habe nichts gegen die Ha-
lacha, das jüdische Religionsgesetz, generell, solange sie nicht extrem ausgelegt werde und ganze Bevölkerungsgruppen benachteilige, erklärte Lieberman.
Ein heißes Eisen. Um keinen Preis, so schien es lange, wollte sich das Rabbinat das Monopol streitig machen lassen und wies jegliche Aufweichung der strikten Richtlinien weit von sich. Umso bedeutender ist es, dass der Oberste Rabbinische Rat die Zivilehe in der vergangenen Woche zum ersten Mal überhaupt diskutiert hat. Der Druck der öffentlichen Debatte ist groß: Oberrabbiner Jona Metzger, als Vertreter der Aschkenasim, und Schlomo Amar für die sefardischen Juden, beschlossen im Anschluss an die Konferenz, sich in Kürze mit sämtlichen Parteien, die in der neuen Knesset vertreten sind, zu treffen, um einen Kompromiss auszuhandeln.
Ratsvorsitzender Metzger machte je-
doch unmissverständlich klar, dass es auch zukünftig keine Eheschließungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Partnern geben werde. »Kein Rabbiner wird je-
mals eine gemischte Heirat erlauben. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um die Unversehrtheit der Jüdischkeit Israels zu bewahren. Sollten wir etwas gegen die Halacha oder die großen Weisen tun, könnten wir das Volk entzweien.«
Der ehemalige sefardische Oberrabbiner Elijahu Bakschi Doron gehört der klaren Minderheit innerhalb der orthodoxen Gemeinde an, die zivile Eheschließungen generell erlauben will. Die gesamte Bevölkerung des Landes zu zwingen, in einer religiösen Zeremonie zu heiraten, stelle für viele säkulare Paare ein Hindernis dar. Außerdem trage es dazu bei, dass Kinder unehelich geboren und viele Gebote, die der Ehe vorbehalten sind, gebrochen werden, argumentierte der Rabbiner.
Eine der bekanntesten Verfechterinnen des Rechts auf zivile Eheschließungen ist die Tel Aviver Anwältin Irit Rosenblum. Mit ihrer Organisation »Mischpacha Chadascha« (neue Familie) sucht sie seit Jahren eine Alternative für Frauen und Männer, denen es in Israel untersagt ist, die Ehe einzugehen. Die Aktivistin ist alles andere als erfreut über die jüngsten Entwicklungen.
»Lieberman mag dieselbe Terminologie benutzen, seine Vorstellungen aber sind andere als die vom ›Partnerschaftsbund‹. Die hatte als erster Tommy Lapid mit seiner antireligiösen Partei Schinui aufgebracht«, erläutert Rosenblum. Die Lieberman-Partei beziehe sich rein auf Nichtjuden, doch es ginge bei dieser Debatte wahrlich nicht nur um sie, sondern um alle Menschen, denen das Recht genommen werde, hier zu heiraten. »Wird der Status quo in dieser Form geändert, macht es unsere jahrelange Arbeit zunichte und wirft uns 60 Jahre in der Entwicklung zurück. Es wäre viel schlimmer als das, was wir derzeit haben«, ist Rosenblum überzeugt. »Der diskutierte Vorschlag ist in gewisser Weise Rassismus. Die zivile Ehe aber ist ein Grundrecht für alle Menschen.«

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025

Sachsen-Anhalt

Fünf Stolpersteine in Magdeburg gestohlen

Die Tat soll sich am 1. April ereignet haben

 03.04.2025

Gastbeitrag

Vom Schweigen zum Handeln

Das Bayerische Bündnis für Toleranz ist heterogen. Doch beim Kampf gegen Antisemitismus steht es vereint

von Philipp Hildmann  03.04.2025