von Gil Yaron
Die neuen Spannungen zwischen dem Westen und Russland nach dem Krieg in Georgien und der angekündigten Stationierung einer amerikanischen Raketenabwehr in Polen drohen nun auch den Nahen Osten in Mitleidenschaft zu ziehen. Auf seinem dritten Staatsbesuch in Russland innerhalb von drei Jahren versuchte der diplomatisch isolierte syrische Präsident Baschar al-Assad in der vergangenen Woche von dem Riss in den internationalen Beziehungen zu profitieren. So wurde Syrien, nach Venezuela und Weißrussland, zum dritten Staat, der sich im Konflikt auf die Seite Moskaus schlug: »Ich möchte meine volle Unterstützung zum Ausdruck bringen. Russlands militärische Reaktion war eine Antwort auf georgische Provokationen«, sagte Assad im russischen Ferienort Sotschi, wo er auf Einladung des russischen Präsidenten Dimitri Medwedew zu einem zweitägigen Staatsbesuch eingetroffen war.
Der Besuch soll die engen Beziehungen zwischen Moskau und Damaskus weiter festigen. »Militärische und technische Kooperation sind die Hauptthemen. Waffenkäufe sind sehr wichtig«, sagte Assad. Er offenbarte seine Bereitschaft, russische Raketen in Syrien zu stationieren. Damit würden die beiden Länder zwei Probleme zugleich lösen: Russland könnte mit Raketen in Syrien das Raketenabwehrsystem in Polen umgehen und seinen Einfluss im Nahen Osten stärken. Den Syrern dienten sie hingegen als Abschreckung gegen Israel. Eine Stationierung der »Alexander«-Raketen würde Jerusalem schwere Kopfschmerzen bereiten, da sie dank ihrer niedrigen Flugbahn die bereits bestehende Raketenabwehr unterlaufen könnten.
Die Beziehungen zwischen Russland und Syrien sind, zum Unmut Israels und Washingtons, ohnehin sehr eng. Das Handelsvolumen hat sich in diesem Jahr verdoppelt. In diesen Tagen soll eine große russische Flotte, darunter der Flugzeugträger »Admiral Kusnetsow« und mehrere Atom-U-Boote, im syrischen Mittelmeerhafen Tartus anlegen. Bereits im März hat Assad Moskau die Nutzung der Militärhäfen Tartus und Latakia versprochen, um im Gegenzug Waffen billiger zu erhalten. Im Jahr 2005 schrieb Moskau 73 Prozent der syrischen Schulden ab, was massive neue Waffenkäufe Damaskus’, zum Teil mithilfe iranischer Petrodollars, ermöglichte. Im Vorjahr lieferte Russland unter anderem den hochmodernen Kampfbomber MiG 31. Diesmal bemüht Assad sich um die Auslieferung von S-300-Flugabwehrraketen, mit denen er einen großen Teil des israelischen Luftraums beherrschen könnte.
Assad setzt nach dem Krieg in Georgien auf den Unmut der Russen gegenüber Israel. Israelische Ex-Generäle bildeten georgische Kommandos aus, israelische Firmen lieferten militärische Güter. Assad bezichtigte Agenten des Mossad, »an Terrorattentaten gegen russische Bürger in Südossetien und Abchasien beteiligt« gewesen zu sein. In einem Interview mit russischen Agenturen sagte er: »Früher dachte man in Russland, dass man sich mit diesen Kräften verbünden kann, heute denkt hier wohl niemand mehr so.«
Das scheint aber nicht ganz zu stimmen: Trotz der Annäherung von Moskau und Damaskus scheint Präsident Medwedew nicht gewillt, nur auf ein Pferd zu setzen. Kurz vor dem Eintreffen Assads rief er auf eigene Initiative bei Israels Premier Ehud Olmert an und erörterte mit ihm, wie die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten weiter vertieft werden könnten. Einem Bericht der israelischen Zeitung Maariv zufolge teilte Olmert Medwedew dabei mit, dass Israel die Lieferung von offensiven und defensiven Waffen nach Georgien ausgesetzt habe. Gleichzeitig habe er Medwedew jedoch gebeten, neue Waffenlieferungen an Syrien nicht zu genehmigen.