Eines stand bereits fest, bevor mit der Ar-
beit begonnen wurde. »Nur« 360 Seiten dürfe das Buch Juden in Berlin. Bilder, Dokumente, Selbstzeugnisse haben. »Es soll ja auch lesbar sein, deshalb sollten es nicht mehr sein«, erzählt Herausgeberin Irene A. Diekmann bei der Buchvorstellung am Montag im Centrum Judaicum. Ebenfalls war von vornherein klar, der Blickwinkel solle ein jüdischer sein. Es finden sich da-
her keine Dokumente oder Zeugnisse von Nichtjuden oder von staatlicher Seite, Ausnahmen wurden nur gemacht, wenn sie für das Gesamtverständnis von Belang wa-
ren, so Diekmann. Fotos, Dokumente und Selbstzeugnisse sollten in diesem Band die wechselvolle Geschichte der Berliner Juden von den Anfängen bis 1990 aufzeigen und die Entwicklungen illustrieren. Die erste von zahlreichen Abbildungen stammt von 1690 und ist ein Gesetzestext über Patente, die letzte zeigt die Vereinbarung über den Zusammenschluss der Ost- und West-Berliner Gemeinden.
Übersicht Die Autoren, neben der Herausgeberin sind es noch 18 Studenten, ha-
ben eine Übersicht erarbeitet. Die sechs Zeitabschnitte, die jeweils mit einer tabellarischen Chronologie beginnen, sind in mehrere Kapitel unterteilt. Die auf jeweils zwei Seiten zusammengefassten Ereignisse handeln beispielsweise vom Hostienschändungsprozess im Jahre 1510, von der Porzellanabgabe im 18. Jahrhundert, der Arbeit der jüdischen Jugendvereinigungen in der Kaiserzeit sowie von den Juden im Kulturleben der Weimarer Republik, der Jüdischen Winterhilfe und dem Überleben in Berlin in der Nazizeit. So kann der Leser auch die Themen auf einem Blick erkennen, die ihn besonders interessieren. Ein Kapitel über »Antisemitismus« wurde be-
wusst vermieden, dieses Thema stattdessen anhand von Kurzbiografien aufgezeigt. So findet sich ein Kapitel über den Staatsrechtler Hugo Preuß, den Konstrukteur der Verfassung der Weimarer Republik, der bereits Anfang der 20. Jahrhunderts unter Diskriminierung leiden musste. Jahrelang hatte er sich um eine Professur an der Handelshochschule Berlin beworben, die er jedoch nie erhielt, denn es galt »die Gefahren abzuwenden, dass solche jüdischen Spötter Lehrer unserer heranwachsender Jugend sind«, wie es in einem Dokument heißt.
Forschung Vier Jahre lang hat die Historikerin und stellvertretende Direktorin des Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zentrums mit den Studenten eines Lehrforschungsprojektes diskutiert, in Archiven geforscht und geschrieben. Schwierig sei es gewesen, sich für repräsentative Themen und Beispiele zu entscheiden. »Diese Entscheidungen zu treffen, war eine der größten Herausforderungen überhaupt«, sagt Irene Diekmann. Nun hält sie das Buch in der Hand und wirkt sehr zufrieden. »Wir wussten nicht, was auf uns zu-
kommt – und das war gut so«, sagt sie. Dieses Buch sei eine arbeitsreiche Erfahrung für alle Beteiligten gewesen, so Diekmann. Sie hoffe, dass es auch eine gute Erfahrung für den Leser wird. Christine Schmitt