Verstärkung für Nürnberg
Roberto Colautti aus Israel stürmt vielleicht bald für die Franken
Die Lage scheint etwas verworren. Einige berichten, dass alles noch offen ist, andere, ein Vertrag liege schon unterschrieben auf dem Schreibtisch. Bis zum Anpfiff der Bundesliga soll offenbar so wenig Klarheit wie möglich herrschen, das hebt bekanntlich die Spannung. Und gehört zum Fußballzirkus wie Fans und kunterbunte Fahnen. Klar ist dennoch, dass der 1. FC Nürnberg stark interessiert ist an einer Verstärkung aus Israel. Die heißt Roberto Damian Colautti, ist 25 Jahre alt und gehört zum Nationalteam des Landes.
Dass der Pokalsieger aus Franken dringend einen Mittelstürmer braucht, ist Fußballkennern nicht neu. Erst jüngst erhielt Sportdirektor Martin Bader eine Absage aus den Niederlanden. AZ Alkmaar wollte seinen Danny Koevermans nicht freigeben, weil kein Ersatz für ihn gefunden wurde. Also fahndet Nürnberg weiter in der internationalen Kickerbörse – wenn er nicht bereits fündig geworden ist. Die Offiziellen halten sich bedeckt. Auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen sagte Pressesprecher Martin Haltermann: »Wir suchen einen Stürmer, aber wir kommentieren keine Namen. Die Bundesliga beginnt am 10. August.«
Da könnte Colautti schon auf fränkischem Grün kicken. Zwar spielt er derzeit noch bei Maccabi Haifa, doch nur noch bis zum Ende dieser Saison, wie der Klub mitteilte. Vergangenen Mittwoch überzeugten sich die Nürnberger persönlich vom Können des Stürmers in der israelischen Hafenstadt. Bislang sei zwar noch kein Vertrag unterzeichnet, »aber die Gespräche sind gut gelaufen«, ließ Maccabi-Sprecher Roi Daniel wissen, »und für die nächste Woche hat sich wieder jemand vom 1. FC bei uns angekündigt«. Der Spieler selbst hatte in der Vergangenheit schon einige Male verlauten lassen, dass er gern bei einem europäischen Verein spielen würde. Die israelische Tageszeitung Yedioth Ahronot berichtete letzte Woche in ihrer Sportbeilage, dass es bereits einen Vertrag gebe: über vier Jahre und 700.000 Euro pro Saison. Haifas Sprecher bestritt das.
Erst letzten Montag hatte Innenminister Roni Bar-On den Fußballspielern Colautti und Toto Tamuz – auch er kickt im Nationalteam – israelische Pässe und damit die volle Staatsbürgerschaft überreicht. Ohne diese hätte die FIFA beide Spieler von der Europameisterschaft 2008 ausgeschlossen. Colautti ist nicht jüdisch, aber mit einer Israelin verheiratet, Tamuz ist in Nigeria geboren, in Israel aufgewachsen und mit drei Jahren inoffiziell von einer einheimischen Familie adoptiert worden.
Der 25-jährige gebürtige Argentinier Colautti kam 2004 zu Maccabi Haifa. Vorher war er beim schweizerischen FC Lugano und dem argentinischen Sporting Banfield unter Vertrag. In Israel ist er in den vergangenen drei Jahren zum Top-Torjäger avanciert: In 90 Ligaspielen landete er 39 Treffer und machte den israelischen Verein zweimal mit zum Meister. Als Stürmer in der National-Elf kickte er sieben Mal und platzierte sechs Tore. In 18 Uefa-Cup-Partien war er zudem achtmal erfolgreich.
Erfolg, der seinen Preis hat. Zwei Millionen Dollar wollen die Israelis für ihren Spieler haben, sollte der Transfer nach Nürnberg klappen. Auf die Frage, ob Haifa den 1,80 Meter großen Angreifer überhaupt gehen lassen würde, antwortete Daniel: »Wir wollen nur das Beste für Roberto.« Die Aussicht auf klingelnde Kassen dürfte die Entscheidung für den Klub sicher leichter machen. Sabine Brandes