von Heinz-Peter Katlewski
Zwei Jahre hat es gedauert. Jetzt endlich sind die Ergänzungsmaterialien für jüdische Zuwanderer zu dem Lehrwerk »Pluspunkt Deutsch« auf den Markt. Bereits im Juni 2004 schien das Projekt abgeschlossen zu sein, doch die Feinarbeit im Verlag nahm deutlich mehr Zeit in Anspruch als ursprünglich geplant.
Verfaßt haben das 98seitige Arbeitsheft zwei Autorinnen aus der Jüdischen Gemeinde Weiden in der Oberpfalz: Rabbinerin Gesa S. Ederberg und Gabriele Brenner, die ehemalige Gemeindevorsitzende. Ihre Erfahrungen mit den zugewanderten Gemeindemitgliedern, die anfangs oftmals weder Deutsch sprechen noch über ausreichendes jüdisches Wissen verfügen, haben die beiden Frauen in ein unterhaltsam gestaltetes Werk einfließen lassen.
»Es lief vorher immer so ab«, sagt Ederberg: »Das Jahr über besuchen die Zuwanderer Deutschkurse in der Gemeinde oder der Volkshochschule, und dann vor den Hohen Feiertagen kommt jemand und hält ein Referat über Rosch Haschana und Jom Kippur oder erzählt etwas über die Laubhütte.« Es hatte den Anschein, als sei der Sprachunterricht das Wichtige, während das Jüdische eher eine Nebensache sei. Angetrieben von diesem Mißstand, fingen Ederberg und Brenner an, in enger Zusammenarbeit mit der Fachredaktion für Sprachpädagogik im Cornelsen-Verlag Unterrichtsmaterial zu erstellen, in dem beides miteinander verbunden ist.
In Dialogen, Spielen, Fragen und Illustrationen werden Situationen und Szenen aus dem jüdischen Leben gezeigt. »Wann muß die Sukka fertig sein?«, ist eine der Fragen im letzten Kapitel. Die Antwort findet sich in einem Dialog zwischen jüdischen und nichtjüdischen Nachbarskindern: »An Sukkot«. Mit Überschriften wie »Guten Appetit, wir essen koscher« oder »Das Wetter und die jüdischen Feiertage« vermitteln die einzelnen Kapitel Deutschkenntnisse und jüdisches Wissen in einem.
Doch um die Sukka herum lernt der Sprachschüler nicht nur jüdische Vokabeln, sondern vor allem alltagspraktische Wörter: Stoff, Reißzwecke, Leiter. Und es werden Verhältniswörter geübt: »Wie befestigt man den Stoff an der Tür?« oder »Was macht ihr, wenn es regnet?«. Die Antwort: »Wir hoffen sehr auf gutes Wetter. Wir sollen in der Zeit von Sukkot möglichst viel Zeit in der Sukka verbringen, sollen dort beten und essen.«
Man habe sich sehr bemüht, das Buch so zu gestalten, daß alle Gemeinden im Zentralrat, gleich welcher Richtung, damit arbeiten können, betont Ederberg. »Jeder Text und jede Übung hat konsequent den doppelten Zweck, Grammatik zu üben und Vokabular aufzubauen, zugleich aber jüdische Inhalte zu transportieren.«
Pluspunkt Deutsch. Ergänzungsmaterial für jüdische Zuwanderer. Der Integrationskurs Deutsch als Zweitsprache von Gabriele Brenner und Rabbinerin Gesa Ederberg
Cornelsen-Verlag 2006, 9,50 Euro