Gebäude

Verkaufen oder sanieren?

von Christine Schmitt

»Allein der Gedanke an einen Verkauf schmerzt sehr.« Lea Tichauer, frühere Leiterin des Jugendzentrums, kann sich mit der Idee, dass die Jüdische Gemeinde das Vorderhaus Joachimstaler Straße 13 veräußern könnte, nicht anfreunden. Doch, was tun? Die Räume stehen seit fast einem Jahr leer, seit die Verwaltung der Gemeinde in die Oranienburger Straße gezogen ist. Auch die WIZO (Women‹s International Zionist Organization) und andere Organisationen haben sich neue Räume gesucht. Schon lange breitet sich hier Schwamm aus, das Dach und die gesamte Elektrik müssen dringend erneuert werden, auch die Fenster sind in schlechtem Zustand. Dazu ist in der Vergangenheit immer wieder kritisiert worden, dass es Schwierigkeiten mit der Sicherheit gebe. Das Vorderhaus sei von der Straße aus nicht richtig zu schützen, hieß es. »Die Sicherheit kann man genauso gut hinbekommen wie bei anderen jüdischen Einrichtungen«, meint hingegen André Lossin, Geschäftsführer der Gemeinde. Dies stelle für ihn ein lösbares Problem dar.
Eher weniger lösbar scheint die Frage der Finanzierung. Allein die Sanierung des Vorderhauses würde mehr als 100.000 Euro kosten, führte Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, bei der jüngsten Repräsentantenversammlung (RV) aus. Die Gemeinde sollte das Gebäude daher verkaufen, schlug Repräsentantin Lala Süsskind vor. Jael Botsch-Fitterling, Mitglied des Präsidiums, meinte hingegen, dass das Haus eine derart bedeutende jüdische Tradition habe, dass es nicht den Besitzer wechseln dürfe.
1901 wurde das Haus mit Quergebäude von Siegfried Kuznitzky als Logenhaus erbaut. 1935 kam es zur Umwandlung durch den Bildungsverein der Jüdischen Reformgemeinde in die Joseph-Lehmann-Schule, um den aus den deutschen Schulen ausgeschlossenen jüdischen Kindern Schulunterricht geben zu können. 1942 wurden deren letzte Schüler deportiert.
1960 wurde die orthodoxe Synagoge in der ehemaligen Turnhalle und dem ursprünglichen Logensaal eingerichtet. Anfang der 80er Jahre konnte das gesamte Ensemble einschließlich des Hofes restauriert werden. »Es war damals in einem schrecklichen Zustand – und es war ein wunderschöne Aufgabe«, sagt Architekt Kay Zareh, der zusammen mit Ruth Golan für die Instandsetzung verantwortlich war. Das Dach des Vorderhauses wurde ausgebaut, die Außenfassade musste nach Auflagen der Denkmalschutzbehörde wieder- hergestellt werden, das Treppenhaus, die Flure, die Türen – alles wurde saniert.
Im Vorderhaus hatte die Verwaltung der Gemeinde ihren Sitz, Rabbiner hatten dort ihre Wohnungen, Kitakinder rannten über die Flure, die Repräsentanten tagten in den Räumen. Ebenso hatte der Jüdische Nationalfonds hier sein Büro, wie auch der Jüdische Frauenverein, der in diesen Räumen sogar ins Leben gerufen wurde, so Gründungsmitglied Inge Marcus. »Es war immer sehr eng dort, und der Fahrstuhl war fast immer außer Betrieb«, erinnert sich Maria Brauner, die zweimal im Monat in der Sozialabteilung eine Sprechstunde angeboten hatte. »Da sind die Mitarbeiter der Verwaltung heute doch besser dran«, sagt sie. Aber für dieses traditionsreiche Haus müsse ein Konzept her, es müsse im Besitz der Jüdischen Gemeinde bleiben, meint sie.
André Lossin kann sich verschiedene Lösungen für das leer stehende Haus vorstellen, aber keine sei bislang spruchreif. Allerdings seien etliche Immobilien der Ge-
meinde in schlechtem Zustand. »Insgesamt müssten wir zwei bis drei Millionen Euro in unsere Anwesen stecken«, sagt Lossin. Deshalb sollen Häuser oder Grundstücke aus Gemeindebesitz verkauft werden. Viel-
leicht auch das Vorderhaus Joachimstaler Straße 13? Dessen Verkehrswert soll nun erst einmal durch ein Gutachten feststellt werden. Wahrscheinlich noch in dieser Legislaturperiode soll dann über mögliche Konzepte oder einen Verkauf in der RV diskutiert werden.

Kulturkolumne

Kafka und die Dubai-Schokolade

Wie für eine kurze Zeit des Nicht-Besserwissens ganz wunderbar alle Erwartungen zerdeppert wurden

von Sophie Albers Ben Chamo  12.01.2025

Riesa

Massive Proteste gegen AfD-Bundesparteitag 

Mehrere tausend Menschen sind seit dem frühen Samstagmorgen in der sächsischen Stadt gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße gegangen

 11.01.2025

Medien

Medienwissenschafter: Erleben Großangriff auf unabhängigen Journalismus

Der öffentliche Raum leide unter »sehr reichen, sehr mächtigen Journalismus-Verächtern«

 10.01.2025

USA

Mel Gibson: »Mein Zuhause sah aus wie Dresden«

Zahlreiche Stars sind von der gewaltigen Feuerkatastrophe in Kalifornien betroffen. Auch Mel Gibsons Haus fiel den Flammen zum Opfer. Nach antisemitischen Einlassungen in der Vergangenheit irritiert er nun einmal mehr mit unpassenden Vergleichen

 10.01.2025

Rechtsextremismus

Online-Talk: Musk wirbt erneut für AfD. Weidel rechnet mit Merkel ab

Mit positiven Aussagen über die AfD hat sich der US-Milliardär Musk bereits in den deutschen Wahlkampf eingeschaltet. Nun kommt es auf seiner Plattform X zum virtuellen Treffen mit der Parteichefin

 09.01.2025

Libanon

Parlament wählt Armeechef zum Staatspräsidenten

Es hat 13 Versuche gebraucht, nun gibt es endlich einen neuen Präsidenten. Die Hoffnungen auf einen Umschwung im Land sind groß

 09.01.2025

Menlo Park

Faktenchecker adé: Meta öffnet die Schleusen

Mark Zuckerberg kündigt die Abkehr vom bisherigen Moderationsmodell bei Facebook, Instagram und Threads an. Und das ist längst nicht alles

von Andrej Sokolow, Luzia Geier  09.01.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 9. bis zum 18. Januar

 09.01.2025

Berlin

Weidel trifft Musk zu Online-Gespräch

Der amerikanische Milliardär schaltet sich von den USA aus in den deutschen Wahlkampf ein und macht Werbung für die zumindest in Teilen rechtsextremistische AfD. Jetzt kommt es zum virtuellen Kennenlernen mit Parteichefin Weidel

 09.01.2025