NPD-Verbotsantrag

Verfahren

von Julia Albrecht

Auf der Innenministerkonferenz im brandenburgischen Bad Saarow vom 16. bis 18. April wollen die Innenminister der Länder erneut über ein mögliches Verbot der rechtsextremen NPD beraten. Bei dem Streit über die Frage, ob die Regierung ein erneutes Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anstrengen soll, geht es sowohl darum, ob ein Verbot das richtige Mittel im Kampf gegen Rechtsextremismus ist, als auch darum, ob ein solches Verfahren überhaupt erfolgreich sein könnte.
Für ein Verbotsverfahren spricht, dass sich eine Organisation, die die Grundfesten des Rechtsstaats bekämpft, nicht als Partei bezeichnen soll. Dafür spricht auch, dass ein Verbot der NPD ihr auch die derzeitigen Privilegien nehmen würde, wie die Beanspruchung von Steuergeldern oder das Recht, in öffentlichen Gebäuden politisch aktiv zu sein. Schließlich, so ein weiteres Argument, würde man mit einem Verbot die Anhänger der NPD delegitimieren, die derzeit für sich in Anspruch nehmen, einer demokratischen Partei anzuhängen.
Gegen ein Verbot spricht, dass es womöglich nichts nützt. Es gibt schon jetzt jede Menge anderer Gruppierungen und Kameradschaften, die bei einem NPD-Verbot fortbestehen und eventuell sogar Zuwachs verzeichnen würden. Jene, die gegen einen erneuten Verbotsantrag sind, vertreten die Auffassung, dass der Kampf gegen den Rechtsextremismus politisch gewonnen werden muss.
Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung sind gebrannte Kinder, wenn es um das NPD-Verbotsverfahren geht. Es ist nur fünf Jahre her, als unter Rot-Grün diese drei Verfassungsorgane eine Klage vor dem höchsten deutschen Gericht anstrengten und kläglich scheiterten. Was war geschehen? War die NPD nicht verfassungsfeindlich genug, um verboten zu werden?
Diese Frage wurde nie geklärt. Vielmehr wurde das Verfahren durch Beschluss am 18. März 2003 eingestellt, ohne dass je in der Sache verhandelt wurde. Eine Sperrminorität von drei Richtern sah die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens selbst gefährdet. Denn eine Vielzahl der Äußerungen, auf die sich die Bundesregierung zum Beweis der Verfassungsfeindlichkeit der NPD gestützt hatte, kam von NPD-Vorstandsmitgliedern, die als V-Leute für den Verfassungsschutz arbeiteten.
Die Richter legten nahe, dass sich die Antragsteller, also Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, Mittel bedient hätten, die ihrerseits rechtsstaatlichen Maßstäben nicht genügten. »Das verfassungsgerichtliche Parteiverbot, die schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feinde, braucht ein Höchstmaß an Rechtssicherheit, Transparenz, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit des Verfahrens«, heißt es in dem Beschluss. »Das Gericht kann seine Aufgabe der Gewährleistung eines rechtsstaatlichen Verfahrens nur dann wahrnehmen, wenn auch die zur Antragstellung berechtigten Verfassungsorgane die ihnen zugewiesene Verfahrensverantwortung erkennen und wahrnehmen.« Eine zentrale Forderung aus dem Beschluss von 2003 lautet: »Spätestens mit der öffentlichen Bekanntmachung der Absicht, einen Antrag zu stellen«, müssen die staatlichen Stellen »ihre Quellen in den Vorständen einer politischen Partei ›abgeschaltet‹ haben«. Bei einem erneuten Verbotsverfahren müssten die Innenminister der Länder gemeinsam agieren und für die Dauer eines Verfahrens jeglichen Kontakt zu ihren V-Leu- ten abbrechen. Unwahrscheinlich, dass hierbei alle Innenminister mitspielen würden.
Eine andere Frage ist, ob ein erneuter Verbotsantrag in der Sache Erfolg haben könnte. Nach Artikel 21 GG genügt es, dass eine Partei darauf abzielt, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen. Unerheblich ist, ob sie dieses Ziel auch umzusetzen in der Lage ist. Es gibt andere Meinungen, wonach die Gefahr konkret sein muss. Wie sich das Bundesverfassungsgericht hierzu stellen würde, ist schwer vorherzusagen. Einig sind sich die Parteien darin, dass ein Scheitern eines Verbotsantrags, egal aus welchen Gründen, ein Super-GAU wäre. Es würde die NPD stärken, deren Anhängern und Wählern den Eindruck vermitteln, eine demokratische Partei zu unterstützen – und das Ansehen der Verfassungsorgane schmälern.

Mainz

Weißer Ring: Jüdisches Leben auf dem Rückzug

Barbara Richstein, die neue Bundesvorsitzende der Organisation, fordert ein klares Eintreten gegen Judenhass

 15.01.2025

Berlin

Weltweiter Antisemitismus alarmiert Bundesbeauftragten Klein

Negative Stereotype über Juden sind einer Befragung zufolge weltweit so verbreitet wie nie

 15.01.2025

Bundestagswahl

Russlands Außenminister Lawrow lobt AfD und BSW

Es gebe in ihren Äußerungen »viel Vernünftiges«

 14.01.2025

Helsinki

Scholz: Leben der Geiseln muss oberste Priorität haben

Über die Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen heißt es, ein Abkommen sei greifbar. Der Bundeskanzler hofft auf einen Abschluss

 14.01.2025

Karlsruhe

Verdacht der Volksverhetzung: Polizei ermittelt gegen AfD

Es geht um ein in sozialen Netzwerken gepostetes »Abschiebeticket«. Die zumindest in Teilen rechtsextremistische Partei überschreitet immer wieder Grenzen

 14.01.2025

Vatikan

Papst verurteilt Massaker der Hamas und kritisiert Israel

Regelmäßig steht der Papst in der Kritik, er habe den Terrorangriff der Hamas auf Israel nicht klar genug verurteilt. In seinem neuen Buch tut er genau das, wirft aber auch Israel vor, Terror zu produzieren

von Severina Bartonitschek  14.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Marburg

»Biodeutsch« ist »Unwort des Jahres« 2024

Diskriminierend und »eine Form von Alltagsrassismus«: So stuft die Jury den Begriff ein, wenn er wörtlich verwendet wird. Zum »persönlichen Unwort« der Mitglieder Cheema und Mendel wurde »importierter Antisemitismus«

 13.01.2025

Riesa

Massive Proteste gegen AfD-Bundesparteitag 

Mehrere tausend Menschen sind seit dem frühen Samstagmorgen in der sächsischen Stadt gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße gegangen

 11.01.2025