Leuchtende Bilder von Marc Chagall, symbolträchtige Lithografien von El Lissitzky, eindrucksvolle Porträts von Max Liebermann und Amedeo Modigliani, Werke der »Londoner Schule« von Lucian Freud und R.B. Kitaj, abstrakte Farbkompositionen von Mark Rothko, postmoderne Installationen von Rebecca Horn und Christian Boltanski, zeitgenössische israelische Arbeiten von Dani Karavan und Yael Bartana: Mehr als 100 Werke jüdischer Künstler aus den großen Museen der Welt sind seit dem 7. Dezember im Osnabrücker Felix-Nussbaum-Haus zu sehen. Bis zum 19. April 2009 zeigt das vor zehn Jahren eröffnete Museum seine Jubiläumsausstellung Die verborgene Spur. Jüdische Wege durch die Moderne. Dabei geht es um die künstlerische Aufarbeitung der jüdischen Erfahrung im 20. Jahrhundert. Die Leihgaben aus London, Paris, New York, Wa-shington, Tel Aviv und anderen Städtenkommentieren auf unterschiedliche und mitunter auch widersprüchliche Weise die Bilder des Museumsnamensgebers, des 1945 in Auschwitz ermordeten Malers Felix Nussbaum. Die Schoa ist deshalb der traumatische Bezugspunkt, aber nicht das einzige Thema der jüdischen Künstler, die sich mit den Herausforderungen der Moderne und ihrer eigenen Rolle auseinandersetzen.
Während etwa Marc Chagall mit dem Gemälde Die gelbe Kreuzigung (1942) unmittelbar auf den Holocaust Bezug nimmt, erprobt Sigmund Freuds Enkel Lucian Freud neue Formen des Dialogs. Seine Arbeit Reflection with two Children (1965) zeigt den Maler bei dem schwierigen Versuch, mit der nachfolgenden Generation zu kommunizieren. Der Amerikaner Mark Rothko ersetzt nach dem Zweiten Weltkrieg die figurative Kommentierung des Zeitgeschehens durch abstrakte Farbkompositionen, der 1944 geborene Christian Boltanski arbeitet in seiner Installation Das Purimfest (1988) mit der Fotografie einer jüdischen Schulklasse aus den späten 30er-Jahren.
Vier Jahre Vorbereitungszeit hat die Ausstellung in Anspruch genommen, zuletzt blieb das von Daniel Libeskind erbaute Nussbaum-Haus fünf Wochen geschlossen, um sämtliche Räume neu zu gestalten. Das Projektteam um Kurator Martin Deppner hofft auf viele Besucher aus dem In- und Ausland. Vor vier Jahren sahen rund 50.000 Menschen die Ausstellung Zeit im Blick, die Werke Felix Nussbaums Arbeiten anderer Künstler seiner Ära gegenüberstellte. Gut möglich, dass dieses Ergebnis bis April noch übertroffen wird. Thorsten Stegemann
»Die verborgene Spur. Jüdische Wege durch die Moderne« Bis 19. April 2009 im Felix-Nussbaum-Haus Osnabrück
www.die-verborgene-spur.de