NS-kriegsverbrechen

Unter Verdacht

Niederländische Nebenkläger haben am Montag im Münchner Prozess gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher John Demjanjuk (89) ausgesagt. Ihm wird vorgeworfen, im Vernichtungslager Sobibor Beihilfe zum Mord an 27.900 Juden geleistet zu haben. Vor dem Münchner Landgericht sorgte Demjanjuks Verteidiger Ulrich Busch erneut für Empörung. »War nach Ihrem Eindruck die Judenpolizei schlimmer als die Nazis?«, fragte er einen Überlebenden. Um einen Beleg für die in der Frage mitschwingende Behauptung gebeten, sagte Busch: »Wenn Sie’s googeln, finden Sie’s.«
»Sobibor ist für mich eine schmerzliche und unheilbare Wunde«, sagte ein 86 Jahre alter Nebenkläger aus Amsterdam. Seine Eltern, seine Schwester und seine Freundin seien im Lager ermordet worden, berichtete er unter Tränen. Ihm selbst war es gelungen, über Belgien, Frankreich, Spanien und Kanada nach England zu fliehen. Aber bis heute plagten ihn Schuldgefühle, dass er seine liebsten Menschen damals zurückgelassen habe.
In den vergangenen Tagen hatte es auch außerhalb des Gerichtssaals Aufregung um Demjanjuk gegeben. Der gebürtige Ukrainer soll im Jahr 1947, während er als Kraftfahrer bei der US-Armee beschäftigt war, im Raum Ulm einen Juden totgefahren haben. »Dieser Jude ist mein Vater«, erklärte am Wochenende der Amerikaner Saul Liskin in der Jerusalem Post. »Er saß damals mit anderen Juden, die für die gleiche Firma arbeiteten, zusammen auf einer Bank, um etwas zu essen. Ein Mann, der auch für diese Firma arbeitete, begann, sie mit seinem Truck zu bedrohen«, schildert Liskin die damalige Situation, wie sie ihm berichtet wurde. »Mein Vater blieb aus Trotz sitzen. Im Ergebnis ist der Irre in ihn reingefahren und hat ihn ermordet.«
Demjanjuk-Verteidiger Busch sagte der Jüdischen Allgemeinen, sein Mandant sei noch nicht gehört worden, und er selbst habe noch keine Akteneinsicht. »Im Übrigen scheint die Geschichte aus Absurdistan zu kommen.«
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ulm teilte dieser Zeitung mit, dass sie Kontakt zur Jerusalem Post aufgenommen habe. Noch liege der Vorfall, der sich vor über 60 Jahren ereignet hat, im Dunkeln. Ob es zu einem Ermittlungsverfahren komme, sei offen. Martin Krauß (mit dpa)

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025

Sachsen-Anhalt

Fünf Stolpersteine in Magdeburg gestohlen

Die Tat soll sich am 1. April ereignet haben

 03.04.2025