Unter Schwestern
Ein interreligiöser Frauendialog in der Friedrich-Ebert-Stiftung
von Stefanie Hanus
Die Debatte um Leitkultur und multikulturelle Gesellschaft nahm die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zum Anlaß, den Aspekt der »Geschlechterrollenbilder in den Religionen« zum Thema eines interreligiösen Frauendialogs zu machen. Die gesellschaftliche Rolle von Frauen, so die Vorsitzende der FES, Anke Fuchs, leite sich oft von einem religiösen Bezug ab. Im Dialog der Religionen könnten dabei Ansätze für ein besseres Miteinander entstehen. Zu den Podiumsgästen gehörten die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur, Barbara Traub, ehemalige Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, die Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, Magdalena Bogner, und die evangelische Theologin Johanna Haberer.
Man diskutierte, worin sich die Frauenbilder der Religionen ähneln oder unterscheiden und was sich daraus für die Stellung der Frau ergibt. Barbara Traub verwies auf das Frauenbild der Torah, das Vorbilder wie Sara, Rivka, Leah und Rachel lebendig halte. Bogner betonte die gemeinsame Textbasis des Alten Testaments, in dem Richterinnen und Königinnen vorkämen. Den Verlauf der Kirchengeschichte bezeichnete sie allerdings als »Leidensgeschichte« für Frauen: »Eine vollständige Gleichwertigkeit ist bis heute nicht erreicht.« Auch Amirpur hob die positiven Frauenbilder hervor wie Mohammeds Tochter Fatima, die für Reformdenker als Vorbild einer starken Frau gilt. Die oft angeführten frauenfeindlichen Tendenzen im Koran seien erst von Männern in die Texte hineininterpretiert worden. »Frauen müssen den Koran selber deuten, die Männer mit ihren eigenen Waffen schlagen.«
Was aber, wenn religiöse Symbole eine gesellschaftliche Abgrenzung markieren, fragte die Theologin Monika Wohlrab-Sahr. Gegenüber der Mehrheitsgesellschaft werde so eine »selbstbewußte Ungleichheit« gewählt. Barbara Traub wies auf das Beispiel der Zuwanderer aus den GUS-Staaten hin, deren jüdische Identität sich in der Hinwendung zur Orthodoxie herausbilde. Die eigene Kultur selbstbewußt zu präsentieren sei auch für die zweite Generation von Überlebenden charakteristisch. Der Andere solle nicht nur dann geduldet werden, wenn er sich der Mehrheitskultur anpasse. Für Amirpur ist die Tatsache, daß Mädchen und Frauen wieder auf dem Kopftuch bestünden, eine »symbolische Jetzt-erst-recht-Reaktion auf das ständig vermittelte Gefühl, nicht dazuzugehören.« Damit sei jedoch oft eine »naive« Aneignung religiöser Symbole verbunden, da so eine eindimensionale Ge- schlechterrolle übernommen werde. Auch sei es schwierig zu entscheiden, ob das Kopftuch aus religiöser Überzeugung, auf Druck der Eltern oder als »modisches Accessoire« getragen werde.
Wie Traub sah auch Amirpur einen »dringenden Handlungsbedarf« von Medien und Politik – hin zu einem differenzierteren Bild der muslimischen Frau und weg vom »Erhabenheitsanspruch der deutschen Mehrheitsgesellschaft«. Johanna Haberer plädierte schließlich für eine Fortsetzung des begonnenen Gesprächs.