von Wladimir Struminski
Am Montag dieser Woche gab sich Ehud Olmert zufrieden. Der Waffengang im Libanon habe das strategische Gleichgewicht zugunsten Israels verändert, erklärte der Regierungschef vor der Knesset nur wenige Stunden, nachdem die Feuereinstellung in Kraft getreten war. Olmerts Vizepremier, Schimon Peres, pries auch die diplomatischen Erfolge der Regierung. Die UNO-Resolution, so der Politveteran, sei »sehr gut«. Als besondere Erfolge hob Peres das vom Weltforum verlangte Waffenembargo gegen die Hisbollah und die geplante Entsendung von 15.000 UNO-Soldaten in den Südlibanon hervor. Auch Verteidigungsminister Amir Peretz glaubt, die Lage im Südlibanon habe sich dank Israels Intervention zum Besseren gewandt.
Mit solcher Zuversicht stehen Olmert und seine Getreuen jedoch allein da. Einer Umfrage zufolge glauben nur sechs Prozent der Bürger, Israel habe seine Kriegsziele erreicht. Zudem sind die israelischen Verluste mit 115 gefallenen Soldaten und 39 getöteten Zivilisten weitaus höher als erwartet.
Der Kommandeur des Wehrbezirks Nord, Udi Adam, bemängelte, die Vereinbarung, aus der die Waffenruhe hervorgegangen sei, habe »viele Löcher«. Und mehrere Bürgermeister aus dem Norden warnten, in Ermangelung eines durchschlagenden Militärsieges sei der nächste Krieg nur eine Frage der Zeit.
Derweil verlieren Olmerts politische Rivalen keine Zeit, um den angeschlagenen Regierungschef ins Visier zu nehmen. Der Likudvorsitzende und Oppositionsführer Netanjahu bemängelte, das Kabinett habe das Land ungenügend auf die Bedrohung aus dem Norden vorbereitet, »zahlreiche Fehler« auf dem Schlachtfeld wie an der Heimatfront gemacht. Während der Ex-Premier Netanjahu sich trotz Kritik in staatsmännischer Vornehmheit übte – schließlich will er seine Eignung für eine künftige Übernahme des Ministerpräsidentenamtes beweisen –, waren seine Kollegen weniger zurückhaltend. Der Krieg, so der Likud-Abgeordnete Juwal Steinitz, habe dem Terrorismus einen politischen Sieg beschert. Olmert müsse zurücktreten, forderte unverblümt der Likud-Altpolitiker Mosche Arens.
Der größten Oppositionspartei bietet der Kriegsausgang Gelegenheit, einen Zermürbungskrieg gegen die in der Wählergunst gesunkene Regierung zu beginnen. Indessen wird sich Olmert nicht nur gegen Gegner aus Reihen der Opposition zu behaupten haben. Auch in seiner eigenen Partei Kadima fängt es an zu brodeln. Vor laufenden Fernsehkameras distanzierte sich Außenministerin Zipi Livni, bisher für ihre Treue zum obersten Parteifreund bekannt, von der ihrer Meinung nach übermäßig geizigen militärischen Zielsetzung des Krieges – ein Ausfall gegen den federführend für die Kriegsziele verantwortlichen Olmert. Kadima-Mitglied und Verkehrsminister Schaul Mofas hat die Kriegführung kritisiert und sich bei der Kabinettsabstimmung über die UNO-Resolution der Stimme enthalten. Mit diesen Schritten, so Kommentatoren, leite der Ex-Verteidigungsminister und Ex-Generalstabschef Mofas einen Kampf um die Parteiführung ein.