von Wladimir Struminski
Israels Feinde bekunden in jüngster Zeit nicht nur ihren Hass auf den Judenstaat, sondern zunehmend auch ihre Geringschätzung. Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad spricht vom »Untergang des zionistischen Regimes«, Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah warnt Israel vor einer »großen Überraschung«, und auch Syrien betont, trotz Friedensgesprächen für einen Krieg gerüstet zu sein. Das ist nicht nur psychologische Kriegsführung. Vielmehr ist in der arabisch-islamischen Welt vom Mythos israelischer Unbesiegbarkeit nicht viel übrig geblieben.
Das ist eine Gefahr für den jüdischen Staat, sagt der israelische Arabienexperte Mordechai Kedar, der Iran könnte sich beispielsweise zu einem Angriff animiert fühlen. Wenn Teheran glaube, Israel werde auf einen Atombombenabwurf auf Tel Aviv »nur« mit der Vernichtung einer einzigen iranischen Stadt reagieren, könnten sie versucht sein, den Schlagabtausch zu wagen. Dann funktioniere die Abschreckung nicht mehr.
Seit der einseitigen Räumung des Südlibanons im Jahre 2000, Gasas 2005, dem letzten Gefangenenaustausch und durch die nicht erreichten Kriegsziele im Libanon hat Israel in der arabischen Welt das Image eines Schwächlings. Das wollen israelische Militärplaner überwinden. Daher werden in den letzten Wochen israelische Aufrüstungsmaßnahmen von erheblichem Mediengetöse begleitet: Jeder Zeitungsleser – und damit auch der iranische Generalstab – weiß, dass Israel mehr Bomben gegen befestigte Ziele kauft, an das US-Raketenfrühwarnsystem angeschlossen wurde und möglicherweise schon ab 2012 amerikanische Tarnkappenflugzeuge vom Typ F-35 fliegen darf.
Und was die erwünschte Unzurechnungsfähigkeit angeht, erklärte jüngst der für die Libanonfront zuständige Befehlshaber des Wehrbezirks Nord, Generalmajor Gadi Eisenkot, im nächsten Krieg werde jedes libanesische Dorf, aus dem Raketen auf Israel abgefeuert werden, zerstört – wie Beiruts Stadtteil Dahije 2006.
Experte Kedar bleibt skeptisch. Die »Dahije-Doktrin« sei außenpolitisch undurchführbar. Zudem sei die israelische Gesellschaft in großen Teilen nicht mehr von der Gerechtigkeit der zionistischen Idee überzeugt. Damit alle bereit seien, einen Preis für die Existenzsicherung ihres Staates zu entrichten, dürfe man nicht nur Waffen kaufen und militärische Pläne schmieden, sondern müsse zionistische Werte auch im Erziehungswesen gebührend betonen. Ohne tiefe Überzeugung und innere Stärke sei auch keine glaubwürdige Abschreckung denkbar. »Wenn uns der neue Jeep wichtiger als die Verteidigung unseres Landes ist«, warnt Kedar, »bekommen das unsere Feinde mit.«