Nachruf

Überzeugender Demokrat

von Charlotte Knobloch

Mit Paul Spiegel hat die jüdische Gemeinschaft in Deutschland einen Präsidenten verloren, der das Gespräch suchte mit Vertretern aller gesellschaftlichen Gruppen. Der aber auch – bei aller Bereitschaft zum Dialog – seinen Standpunkt stets offensiv vertreten hat und deutlich kritisierte, was kritikwürdig war. Als Präsident des Zentralrats war er an erster Stelle Anwalt aller Juden in Deutschland. Zugleich war er aber auch überzeugter und überzeugender Demokrat, dem es Herzenssache und ehrenvolle Aufgabe war, dabei mitzuhelfen, dieses Land weltoffen und tolerant zu gestalten.
Ich habe Paul Spiegel kennengelernt als sorgenden, liebevollen Familienvater und als einen großen Menschenfreund, der geliebt und geachtet wurde. Und ich habe ihn kennengelernt als Politiker, dem die Vertretung aller Juden in Deutschland eine Sache des Herzens war – aus Liebe zu den jüdischen Gemeinden und aus Liebe zu diesem Land. »Wenn ich nicht gerne in Deutschland lebte, würde ich nicht in Deutschland leben«, sagte er einmal. Ein bemerkenswerter Satz für jemanden, der als kleiner Junge zusammen mit seiner Schwester an den Händen der Eltern aus Nazi-Deutschland fliehen mußte. Spiegels Schwester Roselchen wurde später verschleppt und in Auschwitz ermordet, er selbst überlebte nur mit Glück.
Es war auch die Tatsache, daß Paul Spiegel Zeugnis ablegen konnte von jenem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, das ihn zu einem glaubwürdigen Mahner im Einsatz gegen Antisemitismus und Fremdenhaß, zu einem Streiter für Toleranz und Menschlichkeit machte: Brücken zu den unterschiedlichsten Gesprächspartnern baute er mit Argumenten, aber auch mit Humor und Herzlichkeit.
Paul Spiegel hat durch seine unermüdliche Tätigkeit und sein großes persönliches Engagement – zunächst als Stellvertreter von Ignatz Bubis sel. A., später als Zentralratspräsident – einen wichtigen Beitrag zur Renaissance des Judentums in Deutschland geleistet. Er hatte sich immer gewünscht, daß die Frage nach der Religion eines Menschen in Deutschland eines Tages keine Rolle mehr spielen wird. Wir wollen diesen Wunsch als seinen Auftrag an uns verstehen!

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025

Berlin

Kreise: Union will Gesetz doch zur Abstimmung stellen

Hinter verschlossenen Türen wurde in den Unionsparteien viel über das »Zustrombegrenzungsgesetz« gesprochen. Nun gibt es laut Teilnehmern eine Entscheidung

 31.01.2025

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehoud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 30. Januar bis zum 5. Februar

 30.01.2025

Österreich

»Gegen Antisemitismus und Antizionismus aufstehen«

Der Bundeskanzler, dessen ÖVP Koalitionsgespräche mit der rechtsextremen FPÖ führt, sagt, weder Hass noch Ausgrenzung dürfe Platz geboten werden

 27.01.2025

Irland

Eklat mit Ansage beim Holocaust-Gedenken

Nach seinem Exkurs zum Gaza-Krieg bei der Gedenkfeier in Dublin hagelt es scharfe Kritik am irischen Staatspräsidenten

von Michael Thaidigsmann  27.01.2025

Berlin

Scholz zu Auschwitz-Gedenken: Müssen Erinnerung hochhalten

Am 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers wird der Opfer des NS-Terrors gedacht. Viele Zeitzeugen sind mittlerweile gestorben

 27.01.2025

Gedenken

Mehr Menschen sollen sich Auschwitz anschauen

Wer einmal dort war, stelle sich die Frage, warum die Erinnerung wachgehalten werden muss, nicht, so Zentralratspräsident Schuster

 26.01.2025

Geisel-Abkommen

Scholz: Es müssen weitere Geiseln freikommen

Noch immer sind auch deutsche Staatsbürger in der Gewalt der Hamas

 25.01.2025