Schacholympiade

Übers Brett gefegt

von Stefan Löffler

Aviv Bushinsky freut sich nicht aus ganzem Herzen. Er ist der Präsident des israelischen Schachverbands, und dessen Mannschaft wurde gerade in Dresden Vizeolympiasieger.
Dieser Triumph beim wichtigsten Nationenturnier, das der Schachsport zu bieten hat, wirft für Bushinsky Probleme auf. Vor der Abreise hatten nämlich die fünf Profis, die Israel in Dresden vertraten, Erfolgsprämien ausgehandelt. Keine bedeutenden Summen: 12.000 Schekel, also 2.400 Euro pro Kopf waren für Platz zwei ausgemacht. Bushinsky rechnete offenbar nicht damit, die Prämien je auszahlen zu müssen. Im Moment weiß er jedenfalls nicht, woher er das Geld nehmen soll. Die Kassen seines Verbands sind leer.
Dabei kam der Erfolg nicht völlig unerwartet. Seit der zweiten Aliyah, die ab den späten 80er-Jahren reihenweise in der Sowjetunion geborene Großmeister und Jungtalente ins Land brachte, gehört Israel zu den stärksten Schachnationen. In Dresden kam Israel nach schwachem Start erst durch einen 2,5:1,5-Sieg über Ägypten, gegen das es zum ersten Mal seit 1981 antrat, gut ins Turnier. In Runde neun setzte es sich mit einem 2,5:1,5 gegen den späteren Olympiasieger Armenien kurzzeitig sogar an die Spitze. Letztlich reichte es für Platz zwei – drei Plätze vor dem hohen Favoriten Russland.
Auch im parallel ausgetragenen Frauenturnier übertraf die israelische Auswahl die Erwartungen. Auf Rang 21 gesetzt erspielte sie Platz neun. Aus Kostengründen mussten die Frauen gleich nach der letzten Runde abreisen, ohne die Siegerehrung abwarten zu dürfen, auf der immerhin ihr Männerteam geehrt wurde.
Angeführt wurde das männliche Team Israels von Boris Gelfand, der erst vor einem Jahr bei der WM punktgleich mit Wladimir Kramnik Zweiter wurde. In Dresden holte der 40-jährige Gelfand am ersten Brett das drittbeste Resultat sämtlicher Teilnehmer. Hinzu kam noch der erst 19 Jahre alte Maxim Rodshtein, der am vierten Brett für Israel großartig punktete.
Der Erfolg erwischte den Schachverband nun auf dem falschen Fuß. Der Verband prosperierte nur, so lange Nathan Schtscharanski, selbst ein ausgezeichneter Amateurspieler, Mitglied der Regierung war. Dabei ist der heutige Verbandschef Bushinsky, der viele Jahre Sprecher des früheren israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu war, auch nicht ohne Beziehungen. Das gilt erst recht für seinen Vorgänger, den TV-Moderator und späteren Justizminister Tommy Lapid.
Obwohl schon David Ben-Gurion sagte, es sei besser, Schachspieler heranzuziehen als Fußballer, weil es besser sei, in etwas zu investieren, in dem Juden gut sind, hat der Denksport unter nichtrussischsprachigen Israelis nie besonders Fuß gefasst. »Schach wird als Teil des russischen kulturellen Ghettos gesehen«, sagte Maxim Rodshtein der Haaretz. Er habe für sich gespielt, »und nicht um eine Medaille in ein Land zu bringen, das mir kaum Anerkennung entgegen bringt«.
Alon Greenfeld, Kapitän der Mannschaft und selbst Großmeister, befürchet, »dass man jetzt sagt, wenn wir mit so einem geringen Budget so viel erreichen können, gibt es keinen Grund, mehr auszugeben. Dann hätten wir uns mit dem Medaillengewinn selbst ins Bein geschossen.«
Jüdische Spieler fanden sich in Dresden in einigen Teams: Judit Polgar spielte für Ungarn, Yuri Shulman für die USA, Peter Swidler für Russland, Eduardas Rozentalis für Litauen, Mark Bluvshtein für Kanada und Mikhail Gurevich für die Türkei.
Vor allem in der deutschen Auswahl finden sich viele Juden: Arkadi Naiditsch, Igor Khenkin und Daniel Fridman sind alle über die Regelung für Kontingentflüchtlinge nach Deutschland gekommen und wurden in den vergangenen Jahren eingebürgert.

Thüringen

»Entjudungsinstitut«-Ausstellung dauerhaft in Eisenach

Dies geschieht auch unter dem Eindruck der Landtagswahlergebnisse in Thüringen, so Museums-Direktor Birkenmeier

 06.09.2024

Sicherheit

Höchste Priorität

Sprecher des Bundesinnenministeriums betont die Bedeutung des Schutzes jüdischer und israelischer Einrichtungen

von Detlef David Kauschke  06.09.2024

Zahl der Woche

4 jüdische Gemeinden

Fun Facts & Wissenswertes

 04.09.2024

Hannover

Maxim Biller erhält Literaturpreis des Landes Niedersachsen

Der 64-Jährige wird jetzt als eine der wichtigsten Stimmen seiner Generation geehrt

 04.09.2024

Landtagswahlen

In Sachsen und Thüringen zeichnet sich hohe Wahlbeteiligung ab

Bis zum Mittag haben rund 26 bzw. 32 Prozent der Wahlberichtigten ihr Kreuz gemacht

 01.09.2024

Düsseldorf

NRW-Landtag berät über Anschlag von Solingen

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) unterrichtet die Abgeordneten über den neuesten Stand

 30.08.2024

Iran

Zwei Revolutionsgarden-Offiziere in Werksanlage getötet

Unklar ist, ob ein Gasleck, das die Ursache sein soll, auf Sabotage zurückging

 29.08.2024

Antisemitismus

»Für Palästina gegen das eigene Unwohlsein«

Karin Stögner erforscht den Feminismus. Mit dessen brutaler Radikalisierung hatte die Soziologin nicht gerechnet

von Sophie Albers Ben Chamo  29.08.2024

Satire

Alles nicht ganz so falsch wie geglaubt?

Kim Dotcom hat die »Protokolle der Weisen von Zion« entdeckt - und ist nun einer ganz, ganz großen Verschwörung auf der Spur

von Michael Thaidigsmann  29.08.2024 Aktualisiert