»Traditionslinien fortsetzen«
Bernhard Gertz über jüdische Soldaten in der Bundeswehr
Oberst Gertz, am kommenden Wochenende findet in Berlin die erste Tagung des »Bundes jüdischer Soldaten« statt, der vor einem Jahr gegründet wurde. Warum ist das ein besonderes Ereignis?
gertz: Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass der Bund jüdischer Soldaten öffentlich in Erscheinung tritt. Es gehört einfach dazu, dass die Bundeswehr als integraler Bestandteil der Gesellschaft Bürger jüdischen Glaubens in ihren Reihen hat, die damit auch Traditionslinien fortsetzen, die vor dem »Dritten Reich« entstanden sind.
Wie nehmen Sie speziell die Interessen der jüdischen Soldaten wahr?
gertz: Für mich gehört zum Selbstverständnis eines Soldaten der Bundeswehr, insbesondere eines Offiziers oder Unteroffiziers, dass er sich mit der deutschen Geschichte intensiv auseinandergesetzt hat. Der Schutz des Grundgesetzes und der Menschenrechte steht dabei im Vordergrund. Das heißt, dass es überhaupt keinen Grund gibt, zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens zu differenzieren. Für uns ist nicht interessant, ob einer Christ, Muslim oder Jude ist. Dennoch sehe ich eine spezielle Verpflichtung angesichts unserer Vergangenheit, einen Bund jüdischer Soldaten ganz besonders zu unterstützen.
Stellen sich nicht im Bundeswehralltag spezifische Fragen, etwa bezüglich koscherer Verpflegung oder religiöser Feiertage?
gertz: Wenn koschere Verpflegung benötigt wird, wird sie auch bereitgestellt, das ist geklärt. Mit den christlichen Kirchen haben wir Staatsverträge, in denen die Militärseelsorge geregelt ist. Bezogen auf die kleine Zahl von jüdischen Soldaten ist das nicht in der gleichen Weise festgelegt, aber auch deren Religionsfreiheit wird gewährleistet. Wenn es da Probleme gäbe, würde ich das erfahren und mich für eine Lösung einsetzen.
Ist auch an Seelsorge durch Rabbiner gedacht?
gertz: Es gab Gespräche mit Walter Homolka, der auch Reserveoffizier ist und sich hier sehr engagiert hat. Ansätze dazu sind also vorhanden, aber es ist natürlich vom Bedarf abhängig. Die wenigen jüdischen Soldaten suchen sich die religiöse Betreuung da, wo sie angeboten wird, und werden nicht beanspruchen, dass für sie ein Rabbiner angestellt wird. Wobei auch der Zentralrat lange Zeit überlegen musste, wie er sich gegenüber der Institution Bundeswehr verhalten soll.
Mit dem Bundesvorsitzenden des Deutschen Bundeswehrverbandes sprach Ingo Way.