Fröhlich-laute Pop-Rhythmen dringen durch die hölzerne Wand des Gemeinde-
saals, aus dem Garten duftet es herzhaft, im Erdgeschoss drehen Mädchen in rosaroten Kostümen Pirouetten zur Probe. An diesem Sonntag herrscht bereits um 9 Uhr Aufbaustimmung in der Jüdischen Gemeinde Bremen. Um 11 Uhr wird Elvira Noa mit der ersten Synagogenführung beginnen.
Bis dahin werden Rudolf und Sonja Grinberg den usbekischen Eintopf in einer riesigen Eisenpfanne zubereiten. Plov heißt die Nationalspeise aus ihrer Heimat – mit viel Rind, Möhren, Knoblauch, Kümmel und Reis. Die Küchengeräte wurden eigens vorher behandelt. »Das erste ko-
schere Plov, das je gekocht wurde«, sagt Elvira Noa schmunzelnd. Für die Grinbergs war es selbstverständlich, dass sie beim Tag der offenen Tür mithelfen. So wie für die anderen 35 Freiwilligen, die heute hier für das Programm sorgen. Ob Kindergarten, Jugendgruppe, Hausmeister. »Ein phantastisches Team«, nennt das die Vorsitzende Noa. Bei so vielen Helfern bleiben die Kosten niedrig und der Aufwand überschaubar, rund sechs Wochen reichen für die Vorbereitung. Die begann mit dem Sommerurlaub der Kindergärtnerinnen. Sie nutzten ihren Israelbesuch und kauften für den Gemeindebasar ein: Kosmetik vom Toten Meer, Kippot, Leuchter, Silberschmuck, Kerzen.
Die Tische mit den Artikeln sind der erste Anziehungspunkt für Besucher, die sich an diesem Tag in der Bremer Gemeinde einfinden, rund 800 bis 1.000 Menschen aus Bremen und Umgebung. Viele kommen das erste Mal, so wie Ingeborg Voelkel, eine Dame mit kurzen, weißen Locken und wachen Augen. »Als Siebenjährige hat mir mein angeheirateter jüdischer Onkel die Synagoge in Breslau gezeigt. Das war so beeindruckend für mich, dass ich jetzt, am Ende meines Lebens, noch mal schauen will«, erzählt die 89-Jährige.
Auch Barbara Hoffmann-Gabel ist das erste Mal in der Bremer Synagoge und möchte unbefangen »das fremde Gotteshaus kennenlernen«. Andere waren schon öfter hier und möchten den Kontakt pflegen: »Es ist die Erinnerung an den Krieg und indirekt auch das schlechte Gewissen«, sagt einer, der als Jugendlicher Zeuge der Ereignisse in Buchenwald wurde.
Die meisten Gäste sind Menschen ab 50 Jahren aufwärts, die Akteure sind zwischen sechs und 19 Jahren. »Wir haben hier so einen großen musischen Schatz«, sagt Renata Bas, die stellvertretende Gemeindevorsitzende. Die 42-jährige Musiklehrerin ist für das Kulturprogramm verantwortlich. Ihr Benefizkonzert »Kinder musizieren für Kinder« kommt zu gleichen Teilen Jugendhilfeeinrichtungen aus Bremen und Hadera in Israel zugute. Mit der bremischen Organisation »Alten Eichen« plant die Gemeinde einen deutsch-israelischen Jugendaustausch und will damit weitere Türen öffnen. Beate Hoffmann
Bremen