Muhammad Asad

Tausche Talmud gegen Koran

Am 2. Juli 1900 wird der Rabbinerfamilie Weiss in Lemberg ein Sohn geboren, den die Eltern Leopold nennen. 1992 stirbt Leopold Weiss, der inzwischen Muhammad Asad heißt und als Korangelehrter berühmt geworden ist, in Andalusien, der Landschaft des einstigen goldenen Zeitalters der jüdisch-arabischen Koexistenz.
Über Weiss-Asad, eine der schillernds-ten Persönlichkeiten seines Jahrhunderts, hat der junge österreichische Regisseur Georg Misch einen Dokumentarfilm gedreht, der diese Woche in die Kinos kommt. Der Weg nach Mekka, so der Titel, ist ein impressionistisches Roadmovie, das den Stationen dieser Lebensgeschichte nachgeht – Lemberg, Wien, Palästina, Saudi-Arabien, USA, Pakistan, Marokko und Spanien.
In Wien, wohin die Familie Weiss am Vorabend des Ersten Weltkrieges umzieht, verliert der junge Leo zum Entsetzen seiner Eltern immer mehr den Bezug zum Judentum. Um dem entgegenzuwirken, lädt ihn 1922 ein Onkel nach Palästina ein. Doch statt den Neffen für den Zionismus zu gewinnen, verliert er ihn an den Islam. Muhammad Asad, wie er sich jetzt nennt, pilgert nach Mekka, lernt den saudischen König kennen, steigt zu dessen Berater auf, bis er sich mit ihm überwirft und ins heutige Pakistan zieht. Dort schreibt er mit an der Verfassung der ersten islamischen Republik der Welt und wird 1949 deren Botschafter bei den Vereinten Nationen. Doch Asad hat in Pakistan Feinde. 1963 geht er deshalb nach Marokko, wo er an einer Koranübersetzung arbeitet, die 1980 erscheint, aber in der arabischen Welt auf wenig Gegenliebe stößt. Vielleicht schon wegen der Widmung: »To people who think«. Er zieht sich nach Europa zurück.
Leider erfährt man in Mischs Film viel zu wenig über den Protagonisten, der immerhin als einer der Väter des modernen islamischen Denkens gilt. Stattdessen verliert sich der Regisseur in Wüstenaufnahmen und pittoresken Stadtansichten. Zu oft erliegt er auch der Versuchung, Menschen vorzuführen: Ein Beduine bei Jerusalem wird von seinem Kamel abgeworfen; Bürokraten in Wien suchen nach einem Platz, der nach Weiss-Asad benannt werden soll; ein ukrainischer Jude fällt in einer Fernseh-Talkshow einem Muslim ins Wort mit der peinlich-platten Aussage, das Judentum sei dem Islam sowieso haushoch überlegen. Nur gelegentlich schimmert bei diesem der Oberfläche verhafteten Film durch, wie sehr Asads Sicht des Islam von jüdischen Traditionen geprägt blieb. Er war ein Kind der Haskala und des Universalismus wie viele europäische jüdische Intellektuelle seiner Zeit. Und wie viele von ihnen blieb er der sprichwörtliche Rufer in der Wüste.
Mischs Film reißt all das bestenfalls nur an. Positiv ausgedrückt: Er macht neugierig auf weiterführende Informationen. Wer mehr über Leopold Weiss alias Muhammad Asad und sein Denken erfahren will, sollte seine erstmals 1954 erschienene Autobiografie The Road to Mecca lesen. Auf Englisch ist sie 2001 neu herausgekommen. Die deutsche Übersetzung Der Weg nach Mekka ist leider vergriffen.

Bundestagswahl

Russlands Außenminister Lawrow lobt AfD und BSW

Es gebe in ihren Äußerungen »viel Vernünftiges«

 14.01.2025

Helsinki

Scholz: Leben der Geiseln muss oberste Priorität haben

Über die Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen heißt es, ein Abkommen sei greifbar. Der Bundeskanzler hofft auf einen Abschluss

 14.01.2025

Karlsruhe

Verdacht der Volksverhetzung: Polizei ermittelt gegen AfD

Es geht um ein in sozialen Netzwerken gepostetes »Abschiebeticket«. Die zumindest in Teilen rechtsextremistische Partei überschreitet immer wieder Grenzen

 14.01.2025

Vatikan

Papst verurteilt Massaker der Hamas und kritisiert Israel

Regelmäßig steht der Papst in der Kritik, er habe den Terrorangriff der Hamas auf Israel nicht klar genug verurteilt. In seinem neuen Buch tut er genau das, wirft aber auch Israel vor, Terror zu produzieren

von Severina Bartonitschek  14.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Marburg

»Biodeutsch« ist »Unwort des Jahres« 2024

Diskriminierend und »eine Form von Alltagsrassismus«: So stuft die Jury den Begriff ein, wenn er wörtlich verwendet wird. Zum »persönlichen Unwort« der Mitglieder Cheema und Mendel wurde »importierter Antisemitismus«

 13.01.2025

Riesa

Massive Proteste gegen AfD-Bundesparteitag 

Mehrere tausend Menschen sind seit dem frühen Samstagmorgen in der sächsischen Stadt gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße gegangen

 11.01.2025

Medien

Medienwissenschafter: Erleben Großangriff auf unabhängigen Journalismus

Der öffentliche Raum leide unter »sehr reichen, sehr mächtigen Journalismus-Verächtern«

 10.01.2025

USA

Mel Gibson: »Mein Zuhause sah aus wie Dresden«

Zahlreiche Stars sind von der gewaltigen Feuerkatastrophe in Kalifornien betroffen. Auch Mel Gibsons Haus fiel den Flammen zum Opfer. Nach antisemitischen Einlassungen in der Vergangenheit irritiert er nun einmal mehr mit unpassenden Vergleichen

 10.01.2025