von Wladimir Struminski
Im Libanon kämpft Israel zäh, um den Krieg zu seinen Gunsten zu entscheiden. An der europäischen PR-Front aber tut der jüdische Staat viel zu wenig, um sein Image aufzubessern. So lautet die Diagnose, die Dieter Graumann Anfang dieser Woche beim Israel-Besuch einer Delegation des European Jewish Congress stellte (vgl. Interview S. 1). Israelische Sprecher und Politiker, so Graumann, träten viel zu selten in Europa auf und überließen das PR-Schlachtfeld ihren Gegnern. »Ich weiß sehr gut, wie undankbar diese Aufgabe ist«, sagt Graumann im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.
Dennoch: Sie muß, so gut es geht, erfüllt werden. In Deutschland versucht der Zentralrat, dies in Eigenregie zu leisten. Graumanns sarkastischer Erfahrungsbericht: »Mit dem Eintreten für Israels Belange kann man hierzulande keine Sympathiepreise gewinnen.« 70 Prozent der Deut- schen, so ein Umfragewert, lehnen die israelische Politik ab.
Mehr noch: Israels Gegner verbreiten ihre Meinung viel ungehemmter als die Verteidiger. »Wenn wir alle beim Zentralrat der Juden in Deutschland einlaufenden Zuschriften auswerten, sind 90 Prozent kritisch, boshaft oder regelrecht antisemitisch«, sagt Graumann. Dagegen brächten nur zwei Prozent der E-Mails und Briefe Verständnis für Israel zum Ausdruck – weitaus weniger als es ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entspräche.
Wohl wahr: Es gibt auch Menschen, die redlich mit Israel umgehen. Zu ihnen zählt Graumann Bundeskanzlerin Angela Merkel. »Sie unterscheidet genau zwischen Angreifern und Verteidigern und setzt sich für Israels Recht auf Selbstverteidigung ein.« Angesichts der in Deutschland herrschenden Stimmungslage sei dies eine mutige Haltung, die besondere Hochachtung verdiene. Für viele andere deutsche Politiker sei es aber nicht selbstverständlich, daß das Eintreten für Israels Existenzrecht zur deutschen Staatsräson gehöre.
Um so mehr ist Israel gefordert, den Europäern seine Sicht der Dinge zu erläutern, und zwar auf eine Art und Weise, die in Europa ankommt: ausgewogen, ohne allzu laute Töne. Daß Jerusalem seine Öffentlichkeitsarbeit viel zu sehr auf die USA konzentriere, findet Graumann unbefriedigend. Bei seinem Besuch habe er das Problem im Gespräch mit Außenministerin Zipi Liwni angesprochen. »Ich glaube, daß Liwni selbst hervorragende Aufklärungsarbeit für Israel leisten kann. Eine Politikerin wie sie kommt in Europa gut an.« Wird die Intervention etwas ändern? Vielleicht. »Liwni«, sagt Zentralratsvize Graumann, »hat versprochen, künftig häufiger nach Europa zu kommen.« Vielleicht ein Anfang.