Wir sind unzufrieden. Wir wünschen uns eine bessere Innenausstattung unseres Gotteshauses.» Das sagt Isaak Behar, Gabbai der sefardischen Synagoge an der Passauer Straße 4. Seit nunmehr zwei Jahren ist die Bestuhlung dieses Bethauses immer wieder ein Streitthema und Behar bringt es bei fast jeder Repräsentantenversammlung auf den Tisch. Nun hat er dem Vorstand und den Repräsentanten angekündigt, dass die Beter einen eigenen Verein gründen wollen und werden, wenn sich der Vorstand nicht endlich um eine Lösung kümmere. «Wir müssen während des Gottesdienstes auf Küchenstühlen sitzen – das ist unwürdig», beklagt der Gemeindeälteste Behar.
Die Gottesdienstbesucher säßen eher wie in einem Café als in einem Betraum, so Maurice Elmaleh, der ebenfalls Gabbai ist. «Wir möchten aber eine vernünftige Synagoge haben.» Etwa 300 Beter seien zu den Hohen Feiertagen in der Passauer Straße erschienen, dreimal täglich komme ein Minjan zusammen.
Als strukturelles Vorbild schwebe ihnen Chabad Lubawitsch, der Synagogenverein Sukkat Schalom oder die Lauder-Foundation vor, so Elmaleh.
«Wir haben viele Unterstützer außerhalb der Gemeinde, die sich unser Problem anhören und uns helfen wollen», betont Isaak Behar. «Aber auch wenn wir einen eigenen Verein gründen, beabsichtigen wir nicht, die Gemeinde zu verlassen. Wir wollen an der Einheitsgemeinde festhalten», meint Elmaleh. «Wir warten darauf, dass der Vorstand mit uns spricht.» Einheit hieße auch, dass sich um die Sefardische Synagoge gekümmert wird.
Reaktion «Etwas weniger Polemik und ein normales Aufeinanderzugehen würde bei diesem Riesenproblem hilfreich sein», meint Jochen Palenker, Finanzdezernent der Jüdischen Gemeinde. Es sei schwierig, alle Bedürfnisse zu erfüllen. Die Passauer Straße könne nur eine Zwischenlösung sein, da das Landeskriminalamt in einem Gutachten festgehalten habe, dass an dieser Stelle die Sicherheit nicht optimal ge-
währleistet werden könne. Deshalb suchen Vorstand und Beter schon seit mehr als eineinhalb Jahren nach einem neuen Do-
mizil. «Wir haben uns schon mehrere Objekte angeschaut», so Palenker. Auch das Bezirksamt sei eingeschaltet worden, in der Hoffnung, dass die Gemeinde von der Behörde ein Angebot bekommen könnte. Erschwerend bei der Suche nach einer neuen Adresse sei der Wunsch der Beter, die Synagoge zu Fuß erreichen zu wollen, so Palenker. «Wir nutzen am Schabbat eben kein Auto, sondern laufen alle», erwidert Maurice Elmaleh. Deshalb sei es für die Beter wichtig, in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben.
Es sei nicht einfach, allen Wünschen und Erfordernissen gerecht zu werden, meint der Finanzdezernent. Schließlich müsse die Immobilie bezahlbar sein.
Sefarden Die Zahl der sefardischen Ju-
den in Berlin ist nicht genau bestimmt. Überwiegend stammen sie aus Israel und dem Kaukasus. Bereits im Jahr 2000 trafen sich einige von ihnen zum Gebet in der Privatwohnung des Kantors und Rabbiners Awraham Daus in der Joachimstaler Straße. Andere kamen im Studentenkeller der Gemeinde zusammen, den sie aber bald als unwürdig empfanden. Daher beschloss die Gemeinde die Einrichtung einer sefardischen Synagoge. Im Mai 2006 konnten die Beter in die Räume in der Passauer Straße einziehen.
Die Gemeinde kommt für die Miete und die Gehälter des Rabbiners Reuven Yaacobov und des Kantors Awraham Daus auf. Zum Vergleich: Den Betern von «Sukkat Schalom» hilft die Gemeinde seit diesem Jahr zusätzlich mit 1.000 Euro monatlich, das wurde auf der Hauptversammlung im Frühjahr verkündet. Bislang hatte sie lediglich die Miete von 5.000 Euro im Jahr übernommen und die Sicherheit gestellt. Der Synagogenverein nimmt die Planungen für einen dringend benötigten Neubau selbst in die Hand. Rabbiner Andreas Na-
chama amtiert ehrenamtlich, ebenso die Vorsängerinnen.
Die orthodoxe Organisation Chabad Lubawitsch erhält lediglich Unterstützung bei der Sicherheit ihrer Einrichtungen, Miet- oder Personalkosten werden nicht übernommen. Im Frühjahr 2008 strich der Vorstand die bis dahin gewährte jährliche Unterstützung von 40.000 Euro ersatzlos. Begründet wurde dieser Schritt damals mit der desolaten finanziellen Situation der Gemeinde. Chabad Lubawitsch finanziert sich ebenso wie die Lauder-Foundation aus Spenden. Diese privaten Unterstützer haben die sefardischen Beter nach eigenen Angaben nicht. Sie hoffen auf die Gemeinde – kurzfristig für das Mobiliar und mittelfristig für das neue Domizil. Mit etwa 25.000 Euro könne die Innenausstattung der Synagoge «Tiferet Israel» (Schönheit Israels) finanziert werden, schätzt Isaak Behar. Maurice Elmaleh hofft auf 40.000 Euro. «Und die Stühle könnte man an eine neue Adresse ja mitnehmen», sagt er.
Jochen Palenker denkt eher an einen «großen Wurf». Mithilfe von Lottomitteln möchte er eine neue Adresse finanzieren –wenn eine passende Immobilie gefunden worden ist.