Debattierclub

Streitgespräch

von Elke Wittich

Die an »alle Oratoren, Polemiker, Pragmatiker und Mundtotmacher« gerichtete Ankündigung machte neugierig: Der erste jüdische Debattierclub Berlins, »Jewbating«, lud am Dienstag vergangener Woche ins Centrum Judaicum. Da muss man dabei sein, dachten sich mehr als 50 Interessierte, von denen nur wenige wussten, was sie erwarten würde.
»Hirnjogging« nannte Schirmherr Mi-
chel Friedman die Debatte in seiner Einführungsrede. Im angloamerikanischen Raum ist dies fester Bestandteil der universitären Bildung. Die Idee, nun in Berlin eine jüdische Debattenreihe zu starten, habe ihm auf Anhieb gefallen, sagte der Anwalt und Publizist. Denn nach den Re-
geln dürfen sich die Debattierenden nicht aussuchen, welche Position sie vertreten, sondern müssen durchaus auch Argumente für Standpunkte finden, die sie nicht teilen. Sich in andere Denkweisen hineinversetzen zu können, sei eben nicht nur im akademischen Milieu wichtig, um bessere Argumente für die eigene Position finden zu können, betonte Friedman.
Seine Ermunterung, Lust am Streit zu entwickeln, passte gut zum vorgegebenen Thema des ersten »Jewbatings«. Jeweils fünf Redner sollten als israelische Politiker Argumente pro und contra Verhandlungen mit der Hamas austauschen. Zur Vorbereitung blieb nur eine Viertelstunde Zeit, auch das gehört zur britischen Debattiertradition.
Für manche Zuhörer war das Thema schwierig. Leo könnte sich beispielsweise durchaus vorstellen, mitzudebattieren, wenn der Streitgegenstand ein anderer sei. »Ich finde es sehr kompliziert, sich in ei-
nen israelischen Politiker hineinzuversetzen«, meinte der junge Mann. »Themen, die unser Leben als Juden in Deutschland behandeln, fände ich besser als dieses jetzt, bei dem man eben nicht direkt einwirken kann.«
Aufgeregt und mit zitternden Händen stellten sich dann die Debattierer der Reihe nach ans Rednerpult. Sieben Minuten hatten sie Zeit, ihre Argumente vorzutragen. Friedman passte, an die Wand ge-
lehnt, auf, dass die Regeln eingehalten wurden. Und hatte sichtbar Spaß dabei. Am Ende war der Schirmherr äußerst zu-
frieden mit der Premiere, auch wenn er zu bedenken gibt, »dass noch niemand etwas Dummes gesagt hat, weil er vor Ablauf der Redezeit das Podium verließ«.
Zufrieden ist auch Veranstalter Renat Fischbach. Zwischen 10.000 und 20.000 junge jüdische Leute leben in Berlin, sagte Renat Fischbach, und denen habe er »mal etwas anderes bieten wollen als Parties oder Konzerte«. Und zwar »einen intellektuellen Spielplatz für alle, die mehr wollen als im Café sitzen und Latte Macchiato trinken«.
Auch fürs »Jewbating« gilt: Nach der Veranstaltung ist vor der Veranstaltung, deswegen beginnen Renat und seine Freunde in lockerer Rauchrunde gleich vor dem Centrum Judaicum mit der Planung des nächsten Events. Alle sind sehr zufrieden mit der ersten Debatte, nach Sukkot soll es weitergehen. Wie in britischen Debattierclubs üblich, wird dann eine Zuschauerjury die Argumente bewerten können, und thematisch will man in Zukunft eine breite Themen-Palette bieten, eben alles, was junge Berliner Juden interessiert. »Dazu«, sagt Renat Fischbach, während er einen letzten Zug von seiner Zigarette nimmt, »kann übrigens durchaus auch eine Diskussion über das Rauchverbot gehören.«

TV-Tipp

Fränkischer Stoffhändler mit beispielloser Erfolgsgeschichte

Mini-Serie über Jeans-Erfinder Levi Strauss als TV-Premiere

von Jan Lehr  02.01.2025

Gaza

WHO-Chef fordert Freilassung von Krankenhausleiter in Gaza

Israel wirft dem Direktor des Kamal-Adwan-Krankenhauses eine Beteiligung an Terroraktivitäten vor. Er werde gegenwärtig verhört, heißt es

 30.12.2024

Jerusalem

Netanjahu würdigt Jimmy Carter als Friedensstifter

Der ehemalige US-Präsident ist am Sonntag im Alter von 100 Jahren gestorben

 30.12.2024

Jerusalem

Netanjahu im Krankenhaus - Gericht verschiebt Anhörung

Die Gerichtstermine im Korruptionsprozess gegen Israels Regierungschef kollidieren oft mit seinen Amtsgeschäften. Diesmal zwingt ihn jedoch ein anderer Grund zu einer Absage

 29.12.2024

Interview

»It’s been a tough year«

Yana Naftalieva on the meeting of the World Union of Jewish Students in Berlin, anti-Semitism at universities and her wishes for 2025

von Joshua Schultheis  27.12.2024

Nahost

Israel greift bei libanesisch-syrischem Grenzübergang an

Ziel sei Infrastruktur der Terrormiliz Hisbollah gewesen

 27.12.2024

Nahost

UN-Chef ruft Israel und Huthi-Terrormiliz zu Deeskalation auf

António Guterres nennt die neuesten israelischen Luftangriffe »besonders alarmierend«

 27.12.2024

Nahost

Tote nach israelischen Angriffen im Jemen

Nach Angaben von Israels Armee griff die Luftwaffe Infrastruktur der Huthi-Miliz am internationalen Flughafen der Hauptstadt Sanaa an

 28.12.2024 Aktualisiert

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Dezember bis zum 2. Januar

 23.12.2024