Rund um den 9. November, den 80. Jahrestag der Pogrome im Jahr 1938, kam es in Deutschland zu zahlreichen antisemitischen Vorfällen. Das berichtet die Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS), die neuerdings als Bundesverband Vorfälle in ganz Deutschland beobachtet und dokumentiert. Rechtsextreme störten Gedenkfeiern, es kam zu gezielten Sachbeschädigungen von Erinnerungsorten und Gedenkzeichen, die an die Opfer der Schoa erinnern.
Mit 36 liegt die Zahl der von RIAS ermittelten Fälle deutlich über dem Niveau von 2017, als 26 Fälle gemeldet wurden. RIAS konstatiert für den Zeitraum zwischen Ende Oktober und Mitte November eine »deutliche Zunahme von antisemitischen Versammlungen aus dem rechtsextremen Spektrum«, wie es in einer Erklärung heißt.
SACHBESCHÄDIGUNGEN Konkret handelt es sich um einen Angriff, eine Bedrohung, elf gezielte Sachbeschädigungen und 13 Fälle verletzenden Verhaltens, darunter sechs antisemitische Versammlungen sowie eine antisemitische Massenzuschrift. In 26 Vorfällen sprechen die RIAS-Rechercheure von »Post-Schoa-Antisemitismus«, in drei Fällen handele es sich um israelbezogenen Antisemitismus.
Eindeutig dem rechtsextremen Spektrum seien neun Vorfälle zuzuordnen, zwei dem rechtspopulistischen und je eines dem links-antiimperialistischen Milieu und dem Milieu eines israelfeindlichen Aktivismus. In 14 Fällen lässt sich keine eindeutige politische Zuordnung vornehmen. Das gilt etwa für die Verwendung von NS-Symbolen wie Hakenkreuzen.
KORNBLUME Als prominentes Beispiel für die Störung einer Gedenkfeier gibt RIAS eine Aktion von Andreas Wild, fraktionsloser Abgeordneter der AfD, bei der Gedenkveranstaltung im Berliner Abgeordnetenhaus sowie später bei einem Gedenkmarsch zum »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« an: Er trug am Revers eine blaue Kornblume, das historische Symbol der antisemitischen »Schönerer-Bewegung« in Österreich, die österreichischen Nazis als Erkennungszeichen diente.
Von Störungen wird auch aus Dortmund-Dorstfeld berichtet: Provokativ habe eine Gruppe von Rechtsextremen in der Nähe einer Gedenkveranstaltung zum 9. November Alkohol getrunken und Partyhütchen getragen, zu Beginn der Veranstaltung sei ein Alarm ausgelöst worden, auch Böller seien explodiert.
Bundesweit soll es allein vier Versammlungen gegeben haben, bei denen die Freilassung der eine Freiheitsstrafe absitzenden Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck gefordert wurde. ja