Raymond Federman

Stimme aus dem Schrank

»Oh, man wird sich an ihn erinnern, keine Frage.« Als Raymond Federman im Januar einen selbst verfassten Nachruf zu Lebzeiten in seinem Blog veröffentlichte, war er bereits unrettbar an dem Krebs erkrankt, dem er vergangene Woche im Alter von 81 Jahren zum Opfer fiel.
Wäre es nach den Nazis gegangen, hätte der 1928 in der Pariser Vorstadt Montrouge geborene Federman schon 67 Jahre zuvor den Tod gefunden. Am 16. Juli 1942 wurden bei einer Razzia in Paris mehr als 12.000 Juden verhaftet. Auch bei Familie Federman drangen französische Polizisten in die Wohnung, verhafteten die Eltern und zwei Töchter. Raymond entging den Häschern nur, weil ihn seine Mutter im letzten Moment in einem Wandschrank versteckt hatte. Er überlebte als Einziger seiner Familie die Schoa, versteckt bei Bauern in Südfrankreich. Nach dem Krieg wanderte er in die USA aus, arbeitete als Jazzmusiker, studierte, schrieb eine Doktorarbeit über Samuel Beckett und wurde Literaturdozent in Buffalo/New York.
Federmans Hauptbeschäftigung aber war die literarische Reflexion seines »unverdienten Überlebens«. Seine rund 40 Bücher kreisen fast obsessiv immer wieder um dieses Thema. In vielen seiner Werke spielt die Schrankepisode eine zentrale Rolle. Raymond Federman war der Dichter dessen, was die Psychologie »survivor guilt syndrome« nennt, das quälende Gefühl vieler Schoa-Überlebender, dass ihre Rettung eine Art Verrat an ihren toten Leidensgenossen war. Ihr selbstanklagendes »Warum ich?« war auch das Leitmotiv von Raymond Federman. Dabei vermied er falsche Gefühligkeit. Plakative Bekenntnisliteratur war seine Sache nicht. Stattdessen arbeitete er in fast lyrischer Manier mit Sprache, spielte virtuos mit Worten. Was er selbst neun Monate vor seinem Tod in seinem Blog schrieb, stimmt: »Keiner war wie er, es gibt nur den einen Federman.« mjw

Debatte

Schweden stoppt Unterstützung von UNRWA

Hintergrund des Schrittes ist die Entscheidung Israels, der UNRWA wegen ihrer Verwirklichung in den palästinensischen Terror jegliche Tätigkeit auf israelischem Territorium zu untersagen

 20.12.2024

Kunst

Leitung der documenta 16 wird heute bekanntgegeben 

Wer wird die nächste documenta kuratieren? Die Findungskommission der für 2027 geplanten Schau will ihre Entscheidung jetzt bekanntgeben

von Nicole Schippers  17.12.2024

Nach Assad-Sturz

Libanesischer Politiker ruft Landsleute zur Rückkehr auf

Im von zahlreichen Krisen geplagten Libanon herrscht neue Zuversicht. Nach den Worten eines wichtigen Politikers ist die Weihnachtsfreude in diesem Jahr gar »doppelt so groß«

 17.12.2024

Berlin

Chanukka-Basar in der Synagoge Pestalozzistraße: Kuchen, koscherer Glühwein und ein Bühnenprogramm

Am Sonntag findet der Basar im Innenhof der Synagoge statt. Es gibt ein vielfältiges Bühnenprogramm. Auch die »The Swinging Hermlins« werden auftreten

von Christine Schmitt  13.12.2024

Thüringen

Mario Voigt mit Stimmen der Linken zum Ministerpräsident gewählt

Der CDU-Politiker brauchte nur einen Wahlgang

 12.12.2024

Antisemitismus

RIAS: AfD ist eine Gefahr für Juden in Deutschland

Die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus präsentierte auch neue Zahlen zu antisemitischen Vorfällen

 11.12.2024

Amsterdam

Nach antisemitischer Hetzjagd: Haftstrafen für drei Angeklagte gefordert

Einen Monat nach den Übergriffen stehen nun sieben Menschen vor Gericht

 11.12.2024

Brandenburg

Antisemitismusbeauftragter fordert Priorisierung der Bildungsarbeit

Auch die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Menschen müsse gewährleistet werden, sagte Büttner

 10.12.2024

Berlin

Nach dem Sturz von Assad: Wie geht es nun weiter für die syrischen Flüchtlinge in Deutschland?

von Anne-Béatrice Clasmann  09.12.2024