Noch bevor am Wochenende der »Tagesspiegel« über eine bevorstehende Zahlungsunfähigkeit und drohende Zwangsverwaltung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin berichtete, gab am Mittwoch vergangener Woche am Rande der Repräsentantenversammlung Finanzdezernent Jo-
chen Palenker Auskunft über die schwierige Finanzsituation. »Wir haben eine Menge Hausaufgaben auf, die wir gerade erledigen«, sagte Palenker. Derzeit arbeite er an einer Aufstellung des Gemeindevermögens. Bei den letzten Wirtschaftsplänen mit Volumen von jeweils etwa 25 Millionen Euro habe es ein Defizit von rund zwei Millionen Euro gegeben. Dadurch sei das Vermögen im Laufe der Zeit um 15 Millionen Euro gemindert worden. »Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann würde die Gemeinde in einigen Jahren pleite sein«, sagt Palenker. Immer wiederkehrende Medienberichte über Zahlungsunfähigkeit und Zwangsverwaltung seien jedoch falsch, sagte er jetzt.
Gleichwohl habe der neue Vorstand bereits reagiert und erhebliche Sparmaßnahmen beschlossen. So sei das Schulgeld erhöht worden, da der Fehlbetrag aus Schulen und Kindergarten eine Million Euro jährlich ausmache. Auch beim Beitrag zum Schulbus wurde gestrichen und statt – wie früher üblich – 40 Euro werden die Eltern nun mit 95 Euro zur Kasse gebeten. Er wisse, dass man sich damit bei den Mitgliedern der Gemeinde unbeliebt mache. »Aber ich will meine Aufgabe erledigen und will nicht unbedingt wiedergewählt werden.« Seine wichtigste Aufgabe sei derzeit die Sanierung: 26 Millionen Euro umfasse der Etat für 2008, auch diesmal mit einer Unterdeckung von zwei Millionen.
Belastend für den Gemeindeetat seien die Sanierungskosten für etliche Gemeindeimmobilien und die Rückzahlungen an den Berliner Senat wegen zu hoher Zahlungen bei Versorgungsrenten. Ein weiterer Faktor, der zu Buche schlage, seien die hohen Personalkosten: Die Gemeinde be-
schäftige 400 Mitarbeiter. Außerdem sei-
en in den vergangenen Jahren etliche vermögende Gemeindemitglieder ausgetreten, wodurch die Gemeinde Steuereinnahmen in Höhe von 500.000 Euro verloren habe.
»Das Finanzwesen muss umgestellt werden«, betonte Palenker. Dazu sucht die Gemeinde jetzt auch einen zweiten Ge-
schäftsführer, der sich vor allem um den Haushalt kümmern soll. Christine Schmitt
Defizite