Atomwaffen

Spaltbares Material

von Wladimir Struminski

Eigentlich müsste in Israel Erleichterung herrschen: Nach amerikanischer Einschätzung kann das Mullah-Regime in Teheran wahrscheinlich erst im Jahre 2015 Atomwaffen bauen – und nicht schon in anderthalb Jahren, wie von Israel bisher vermutet. Das geht aus der jetzt vom Koordina- tor der US-Nachrichtendienste vorgelegten Lageeinschätzung zum Stand des iranischen Atomprogramms hervor. Wenn die Botschaft aus Amerika in Jerusalem eher Sorge statt Freude auslöst, so hat das einen handfesten Grund: Israel teilt den amerikanischen Optimismus nicht.
Laut dem von der US-Regierung veröffentlichten Dokument glauben die Washingtoner Experten »mit großer Zuversicht, dass Teheran sein Atomwaffenpro- gramm im Herbst 2003 ausgesetzt hat«. Zwar entwickele der Iran noch immer »eine Bandbreite technischer Fähigkeiten, die zur Herstellung von Atomwaffen genutzt werden können«, nicht zuletzt Zentrifugen für »zivile« Urananreicherung. Letztere, räumen die amerikanischen Spione ein, können auch zur Herstellung von waffenfähigem Material genutzt werden.
Gleichwohl: Ein Aufschub der iranischen Atombedrohung, erklärt Eldad Pardo, Iranexperte an der Hebräischen Universität in Jerusalem, würde Israel mehr Zeit für Gegenmaßnahmen lassen. Dazu, so jedenfalls die publik gewordene Militärplanung, gehören unter anderem die Perfektionierung der israelischen Raketenabwehr sowie modernste Kampfflugzeuge, die im Falle eines Falles einen wirkungsvolleren Präventivschlag gegen den Iran versprächen. Aber auch die internationale Diplomatie bekäme neue Spielräume. »Wenn der Iran auf dem Weg zur Atombombe internationale Sanktionen nicht nur anderthalb, sondern acht Jahre lang überstehen muss«, so Pardo, »wird das iranische Atomprogramm erschwert.«
Was aber, wenn die amerikanische Neubewertung der Lage im Iran falsch ist? Genau an dieser Stelle setzen die israelischen Bedenken ein. Israelischen Medienberichten zufolge hat Ministerpräsident Ehud Olmert gegenüber Washington die israelische Annahme bekräftigt, iranische Kernwaffen könnten bereits 2009 Wirklichkeit sein. Verteidigungsminister Ehud Barak ging noch einen Schritt weiter. Im Armeerundfunk erklärte er: »Es scheint, dass der Iran sein Atomwaffenprogramm 2003 für eine bestimmte Zeit gestoppt, es aber, soweit wir wissen, wahrscheinlich wieder aufgenommen hat.« Damit ging Barak nicht nur öffentlich auf Konfrontationskurs zum amerikanischen Sicherheitses-tablishment. Vielmehr gab er auch den Erkenntnisstand der israelischen Dienste wieder. So etwas tut ein Ex-Generalstabschef und ehemaliger Premierminister nicht ohne triftigen Grund. Etwa, weil Israel fürchtet, von den USA im Stich gelassen zu werden. Nach der Teilentwarnung ihrer eigenen Nachrichtendienste, glauben israelische Beobachter, wird die amerikanische Regierung im kommenden Jahr keinen Militärschlag gegen iranische Atomanlagen führen. Auch wird befürchtet, dass der internationale Sanktionsdruck auf Teheran nachlassen könnte.
Das würde Jerusalem vor ein schwieriges Dilemma stellen: Glaubt die Regierung, das der Bau einer iranischen Atombombe unmittelbar bevorsteht, muss sie entscheiden, ob das kleine Israel iranische Ziele im Alleingang angreift. Im diesem Fall müsste es nicht nur mit einer iranischen Vergeltung durch Massenvernichtungswaffen und Terrorismus, sondern auch mit internationaler Isolation rechnen. Auszuschließen wäre ein israelischer Waffengang dennoch nicht. Die Alternative hieße, Kernwaf- fen in den Händen religiöser Fanatiker zuzulassen, die Israel nach eigenem Bekunden vernichten wollen. Nur: Um eine Entscheidung von dieser Tragweise zu treffen, muss Israel erst einmal die geheimdienstliche Nachrichtenlage erneut überprüfen. Dass die Amerikaner ihre neue Einschätzung nach bestem Wissen und Gewissen veröffentlicht haben, wird von israelischer Seite schließlich nicht bestritten. Zudem deckt sich die jüngste amerikanische Beurteilung mit der Position des Kremls, der eine unmittelbare Atomgefahr aus dem Iran bestreitet. Dabei berufen sich die Russen auf handfeste Informationen, über die sie verfügen wollen. Nun mag Israel russischen Zusicherungen skeptisch gegenüberstehen; in Kombination mit der Sensation aus Amerika werden aber auch sie zumindest genauer zu betrachten sein, von verstärkter Eigenaufklärung ganz zu schweigen. Wie es schient, stehen den Kundschaf- tern an Israels unsichtbarer Front viele Überstunden ins Haus.

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