Love Comes Lately

Späte Liebe

von Marina Maisel

»Ich habe Glück gehabt in diesem Leben. Wie oft konnte ich schon tot sein! Hitler, Krieg und Herzinfarkt – und immer bin ich noch da, 83 Jahre alt und erzähle mein Leben.« Mit diesem Zitat aus dem Buch Kasperl, Kummerl, Jud. Eine Lebensgeschichte eröffnete Rachel Salamander ei-nen Abend im Literaturhaus. Autor dieses Buches ist der berühmte Schauspieler Otto Tausig. Zusammen mit dem Filmemacher Jan Schütte ist er Gast der Literaturhandlung und der B‹nai-B‹rith-Loge
Kein unbekanntes Duo, Tausig und Schütte. Unvergesslich, so Salamander, sei Otto Tausig 1993 als Hauptdarsteller in Schüttes Film Auf Wiedersehen, Amerika gewesen. Ebenso hinreißend sei der neue Film von Jan Schütte, der demnächst in die Kinos komme und in dem Tausig wieder die Hauptrolle übernommen hätte.
Für Love Comes Lately, so der Filmtitel, waren die drei im Diogenes-Verlag unter dem Titel Späte Liebe erschienenen Erzählungen Die Aktentasche, Allein und Späte Liebe von Isaak B. Singer die Vorlage. Doch bevor das Publikum Ausschnitte aus dem Making-of des Films zu sehen bekommt, gibt Otto Tausig eine Probe seiner Lesekunst. Er liest die Kurzgeschichte, mit der Isaac B. Singer berühmt wurde: Gimpel, der Narr. Mit großer Sorgfalt und viel Humor trägt Tausig die Geschichte des Mannes vor, der unerschütterlich an alles glauben will und so nur umso mehr ausgenutzt und übertölpelt wird. Auch über den Literaturnobelpreisträger Isaac B. Singer erfährt das Publikum an diesem Abend einiges. »Ich bin in drei toten Sprachen großgezogen worden: Hebräisch, Aramäisch und Jiddisch«, schrieb Singer.
Geboren 1904 in Polen als Sohn eines Rabbiners, erhielt Isaac B. Singer eine traditionelle jüdische Erziehung. Mit 22 begann er zu schreiben, erst auf Hebräisch, dann auf Jiddisch. 1935 emigrierte er in die USA. »Seine Geschichte über die untergegangene ostjüdische Welt begründete seinen Ruhm«, sagt Rachel Salamander in ihren einleitenden Worten. »Ich schreibe über ungewöhnliche Personen unter ungewöhnlichen Umständen, über eine Gruppe von Menschen, die der Welt noch immer ein Rätsel sind, oft auch sich selbst. Ich spreche von den Juden Osteuropas, insbesondere von den jiddisch sprechenden Juden …«
Solche Juden, zu denen Isaac B. Singer sich selbst zählt, trifft im Oktober 1987 der Filmemacher Jan Schütte in Amerika. »Hier war Europa und Amerika zugleich, ein vergessener Ort am Rande von Amerika. Man kann Deutschland nur aus der Ferne begreifen, dachte ich. Vielleicht waren Odessa und Berlin hier deswegen so nah«, schreibt der Regisseur in dem Nachwort zu dem Buch Späte Liebe, in dem er auch erzählt, wie er dazu gekommen ist, diesen Film zu machen. Der mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnete Jan Schütte wurde in Amerika mit jedem Besuch mehr vom Emigrantenleben inspiriert. Singers Autobiografie Verloren in Amerika gab dem Dokumentarfilm Schüttes, den er nach einem Jahr in Brighton Beach drehte, den Titel. Auf Wiedersehen Amerika hieß dann der Spielfilm, den Schütte gemeinsam mit Thomas Strittmatter Anfang der Neunziger verfasste und drehte. Die Suche nach einem Hauptdarsteller führte Schütte nach Wien zu Otto Tausig, der selbst viele Jahre der Emigration hinter sich hatte. Die Idealbesetzung für den Isaac Aufrichtig des Films. Auch in dem neuen Film Love Comes Lately spielt Otto Tausig die drei Hauptrollen der drei Geschichten. Dass er auch hier die Figuren kongenial zu verkörpern versteht, das stellt Otto Tausig an diesem Abend gleich unter Beweis. Er liest die Erzählung Aktentasche und das Publikum amüsiert sich prächtig über den verwirrten Professor Max Kohn, der plötzlich in der Gestalt Tausigs ganz lebendig auf dem Podium sitzt und von seinen Irrungen und Wirrungen erzählt.
Den Abend beschließt das Making-of des Films: Die Arbeit am Set, Gedanken der Protagonisten und Szenen aus dem Film.

Bundestagswahl

Russlands Außenminister Lawrow lobt AfD und BSW

Es gebe in ihren Äußerungen »viel Vernünftiges«

 14.01.2025

Helsinki

Scholz: Leben der Geiseln muss oberste Priorität haben

Über die Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen heißt es, ein Abkommen sei greifbar. Der Bundeskanzler hofft auf einen Abschluss

 14.01.2025

Karlsruhe

Verdacht der Volksverhetzung: Polizei ermittelt gegen AfD

Es geht um ein in sozialen Netzwerken gepostetes »Abschiebeticket«. Die zumindest in Teilen rechtsextremistische Partei überschreitet immer wieder Grenzen

 14.01.2025

Vatikan

Papst verurteilt Massaker der Hamas und kritisiert Israel

Regelmäßig steht der Papst in der Kritik, er habe den Terrorangriff der Hamas auf Israel nicht klar genug verurteilt. In seinem neuen Buch tut er genau das, wirft aber auch Israel vor, Terror zu produzieren

von Severina Bartonitschek  14.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Marburg

»Biodeutsch« ist »Unwort des Jahres« 2024

Diskriminierend und »eine Form von Alltagsrassismus«: So stuft die Jury den Begriff ein, wenn er wörtlich verwendet wird. Zum »persönlichen Unwort« der Mitglieder Cheema und Mendel wurde »importierter Antisemitismus«

 13.01.2025

Riesa

Massive Proteste gegen AfD-Bundesparteitag 

Mehrere tausend Menschen sind seit dem frühen Samstagmorgen in der sächsischen Stadt gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße gegangen

 11.01.2025

Medien

Medienwissenschafter: Erleben Großangriff auf unabhängigen Journalismus

Der öffentliche Raum leide unter »sehr reichen, sehr mächtigen Journalismus-Verächtern«

 10.01.2025

USA

Mel Gibson: »Mein Zuhause sah aus wie Dresden«

Zahlreiche Stars sind von der gewaltigen Feuerkatastrophe in Kalifornien betroffen. Auch Mel Gibsons Haus fiel den Flammen zum Opfer. Nach antisemitischen Einlassungen in der Vergangenheit irritiert er nun einmal mehr mit unpassenden Vergleichen

 10.01.2025