Nanotechnik

Small is Beautiful

von Ralf Balke

»Die Nano-Bibel ist da!« Mit dieser Nachricht machte vor einigen Monaten das Technion, Israels wichtigste Hightech-Talentschmiede, Schlagzeilen. Wissenschaftlern des Instituts war es nämlich gelungen, die gesamte Tora auf einen einzigen Siliconchip zu drucken, der kleiner als ein Stecknadelkopf ist. Und im Jahr 2003 freute sich ein israelisches Forscherteam um Professor Ehud Shapiro vom Weizmann-Institut in Rehovot über einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde, weil es den kleinsten biologischen Computer der Welt entwickelt hatte. Dieser kann die molekularen Signale von 15 verschiedenen Krebsarten in einem menschlichen Körper empfangen und hat trotzdem nur die Größe eines Wassertropfens.
All das illustriert das Potenzial der Nanotechnologie – und natürlich Israels führende Rolle auf diesem Gebiet. Statt »immer höher, immer weiter« lautet das Motto dieser Zukunftstechnologie »immer kleiner, immer schneller«. Nanotechnologie hat die Erforschung und Konstruktion winzigster Strukturen zum Ziel. Ein Nanometer entspricht einem millionstel Millimeter. Das Wort stammt aus dem Griechischen. Nano heißt soviel wie »Zwerg«.
Anwendungsbereiche gibt es unzählige: Energie und Umwelt oder die Medizin- und Informationstechnik, um nur einige zu nennen. Beispielsweise meldete im Januar dieses Jahres ein Forscher der Bar-Ilan-Universität ein Patent für einen neuen Typ von Solarzellen an, die dank Nano- technologie aus leitfähigem Glas bestehen und deshalb billiger als solche aus Silizium sein sollen.
Im Jahr 2002 belegte Israel weltweit Platz zwei bei den Patentanmeldungen und Platz drei bei den wissenschaftlichen Publikationen rund um das Thema Nanotechnologie. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Laut dem Marktforschungsunternehmen Lux Research flossen im Jahr 2006 weltweit mehr als 12 Milliarden Dollar an Forschungsgeldern in den Bereich Nanotechnologie, rund die Hälfte davon steuerten staatliche Stellen bei. Und Produkte, in denen Nanotechnologie steckt, erzielten einen Umsatz von über 50 Milliarden Dollar.
Auch Israel investiert recht ordentlich in die Forschung. Im Jahr 2002 wurde eigens die »Israel National Nanotechnology Initiative« (INNI) ins Leben gerufen, die anfangs mit 150 Millionen Dollar ausgestattet war.
Doch obwohl Israel gemessen am Bruttosozialprodukt weltweit die höchsten Forschungsausgaben hat, sind die zur Verfügung stehenden Gelder auch hier be- grenzt. Deshalb gibt es den Israel Nanotechnology Trust (INT), der für die INNI unter jüdischen Geschäftsleuten im Ausland um Spenden wirbt. Als Galionsfigur konnte der INT keinen Geringeren als Shimon Peres gewinnen, der bereits seit vielen Jahren für Israels Nanotechnologie kräftig die Werbetrommel rührt. Bis 2011 sollen 230 Millionen Dollar für verschiedene Forschungsvorhaben locker gemacht werden – und zwar auf Basis dessen, was die Verantwortlichen das »Spendendreieck« nennen: Ein Drittel stellt der Staat zur Verfügung, ein Drittel die Universitäten und ein weiteres Drittel private Spender. Das Geld wird dann unter den sechs Forschungszentren aufgeteilt, die es im Lande gibt. Über 300 Forscher sind dort aktiv. Ferner gibt es mittlerweile mehr als 80 Nanotech-Firmen sowie 40 weitere Einrichtungen, die meisten davon staatlicher Natur. Kein Wunder, dass angesichts einer solch vielfältigen und bestens ausgebildeten Nanotechnologieszene das Institute for Science Information Israel weltweit zu den Spitzenländern auf diesem Gebiet zählt.
Zahlreiche international tätige Unternehmen unterhalten deshalb in Israel eine eigene Forschungsabteilung. So auch die US-Firma Cima NanoTech Inc., die dieses Jahr auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos als einer von 39 Technologiepionieren ausgezeichnet wurde. Cima NanoTech stellt leitfähige Tinten und Beschichtungen her, die in Solarzellen oder Displays zum Einsatz kommen. Im israelischen Caesarea wird geforscht und auch produziert. Möglich wurde dies durch das Nanofunctional Material Consortium, das von der Industrie und akademischen Einrichtungen getragen wird. 13 Unter- nehmen und zwölf Forschungsgruppen wollen Produkte, die auf Nanotechnologie basieren, nicht nur entwickeln, sondern auch marktfähig machen. Denn bei aller Innovationsfreude und allem Talent, die Investitionen sollen schließlich auch Gewinne abwerfen.
Selbst zur Sicherheit Israels kann Nanotechnologie beitragen. Im November 2006 wurden Pläne laut, mit Hilfe dieser Technik eine Art fliegenden Roboter zu entwickeln, der nicht größer als eine Hornisse ist und sein Zielobjekt fotografieren, jagen und gegebenenfalls sogar töten kann.
Was nach Science Fiction klingt, soll bald Realität werden. »Der Krieg im Libanon hat bewiesen, dass wir kleinere Waffen brauchen«, sagte Shimon Peres der Zeitung Yedioth Ahronoth. »Es ist unlogisch, einen 100-Millionen-Dollar-Jet gegen Selbstmordattentäter einzusetzen.« Deshalb sollen futuristische Waffen wie die »bionische Hornisse« – so der Spitzname des fliegenden Kampfzwergroboters – diesen Job übernehmen. Sie sind billiger und effizienter.

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