Stiftung

Sinn und Form

von Claudia von Salzen

Von der Öffentlichkeit beinahe unbemerkt geht eines der wichtigsten Projekte im Umgang Deutschlands mit seiner Vergangenheit zu Ende: 1,66 Millionen frühere NS-Zwangsarbeiter haben von der Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« Geld erhalten – von einer Entschädigung mag man kaum sprechen. Im Juni wird das Kuratorium der Stiftung in einer Feierstunde beim Bundespräsidenten den Abschluss der Auszahlungen verkünden. Geht es nach dem Willen der großen Koalition, könnte dies das letzte Mal sein, dass sich das Kuratorium in der jetzigen Zusammensetzung trifft. Zwar bleibt die Stiftung bestehen, weil ein Zukunftsfonds weiterhin Projekte fördert, die der Völkerverständigung, den Interessen der Opfer des Nationalsozialismus, dem Jugendaustausch oder humanitären Zwecken dienen. Doch eine von der großen Koalition geplante Gesetzesänderung soll die Stiftung grundlegend umkrempeln. »Sie muss ihrem veränderten Aufgabenschwerpunkt angepasst werden«, sagt Kuratoriumsmitglied Dieter Wiefelspütz (SPD), der die Pläne maßgeblich vorantreibt. »Wir wollen keinen Kahlschlag, sondern eine Veränderung mit Augenmaß.«
Bisher ist das Kuratorium für Grundsatzentscheidungen zuständig. Seine 27 Mitglieder kommen aus dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, der Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen (NGOs); außerdem sind Israel, die USA und mehrere osteuropäische Staaten in dem Gremium vertreten. Dem Gesetzentwurf zufolge soll das Kuratorium auf 19 Mitglieder verkleinert werden. Der Bundesrat, eine Oppositionspartei und die NGOs müssten ihre Sitze aufgeben. Im neuen Kuratorium sähen die Initiatoren gern Elder Statesmen oder bekannte Intellektuelle aus den Partnerländern. Gleichzeitig soll ein neues Gremium geschaffen werden, ein Stiftungsrat, in dem nur noch zwei Vertreter der Bundesregierung, zwei Abgeordnete und drei Wirtschaftsvertreter sitzen. Sie sollen künftig alle zentralen Entscheidungen treffen: den Haushalt beschließen, den Vorstand berufen und die Förderrichtlinien bestimmen. Das Kuratorium könnte dann nur noch in dem engen vorgegebenen Rahmen über einzelne Programme entscheiden. Damit würde der Einfluss der anderen Länder auf die Arbeit der Stiftung drastisch eingeschränkt. Kritiker warnen daher vor einer so tiefgreifenden Neuordnung: »Die Stiftung in ihrer jetzigen Form hat sich bewährt, Änderungen sind völlig unnötig«, sagt Volker Beck, der für die Grünen im Kuratorium sitzt. Außerdem riskiere man damit nur außenpolitischen Ärger: »Es wäre eine Demütigung, die anderen Länder aus den Entscheidungen herauszuhalten.«
Die Kritiker befürchten auch, dass der Zukunftsfonds künftig wirtschaftsnahe Projekte fördern könnte. Kuratoriumsmitglied Ulla Jelpke von der Linkspartei sieht hinter den Plänen gar die Absicht, »einen Sponsoring-Verein der Wirtschaft« zu schaffen. Es habe tatsächlich Bestrebungen gegeben, aus der Stiftung eine Stiftung der Wirtschaft zu machen, sagt Wiefelspütz zu den Vorwürfen. Dies werde jedoch nicht passieren: »Die Wirtschaft wird zwar eine starke, aber keine dominierende Stellung haben.« Der SPD-Innenexperte warnt seinerseits die Kritiker, es dürfe nicht nur um »Besitzstandswahrung« gehen: »Ein bisschen Veränderung muss sein.«
Wiefelspütz rechnet damit, dass die Gesetzesänderung im Herbst verabschiedet wird. »Zu viel Unruhe« vor der Feierstunde im Juni habe man dann doch vermeiden wollen.

Hannover

Biller und Gneuß erhalten Niedersächsischen Literaturpreis

Der Nicolas-Born-Preis wird seit dem Jahr 2000 zu Ehren des Schriftstellers Nicolas Born (1937-1979) verliehen

 20.11.2024

Medien

Ausweitung der Kampfzone

Die israelfeindlichen Täter haben die »NZZ« ganz bewusst zum Abschuss freigegeben. Ein Kommentar

von Nicole Dreyfus  19.11.2024

Ehrung

Josef Schuster erhält Ehrendoktorwürde der Uni Würzburg

Seine Alma Mater ehrt ihn für seine Verdienste »um die Wissenschaft und um das kirchliche Leben«

von Imanuel Marcus  19.11.2024

Frankfurt am Main

Tagung »Jüdisches Leben in Deutschland« beginnt

Auch Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden, nimmt teil

 18.11.2024

Libanon

Israelischer Angriff auf Beirut - Sprecher der Hisbollah offenbar getötet

Die Hintergründe

 17.11.2024

USA

Wer hat in Washington bald das Sagen?

Trumps Team: Ein Überblick

von Christiane Jacke  17.11.2024

Madoschs Mensch

Wie eine Katze zwei Freundinnen zusammenbrachte – in einem Apartment des jüdischen Altersheims

von Maria Ossowski  17.11.2024

Berlin

Polizei-Bilanz: 6241 Straftaten auf israelfeindlichen Demos

Dazu wurden 3373 Tatverdächtige ermittelt

 15.11.2024

Berlin

Toleranz-Preis für Margot Friedländer und Delphine Horvilleur

Im Jüdischen Museum wird der Preis übergeben

 15.11.2024