von Dirk Hempel
Die Sportanlage Am Eichkamp bekommt einen neuen Namen. Sie wird nach Julius Hirsch benannt, dem ersten Juden im Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Das beschloß jüngst die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg- Wilmersdorf. »Einstimmig« wie Sportstadtrat Reinhard Naumann (SPD) betont.
Naumann hat den jüdischen Sportverein Makkabi bereits um Terminvorschläge für eine offizielle Namenstaufe gebeten. Der Sozialdemokrat aus evangelischer Familie sieht den Beschluß vor allem als »wichtiges Signal, daß wir das wachsende jüdische Leben im Bezirk unterstützen – und zwar nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten«.
In die künftig nach Julius Hirsch benannte und im wesentlichen von Makkabi genutzte Anlage wurde wirklich investiert: Zwei weitere Kunstrasenplätze sind entstanden, nur eine Flutlicht-Beleuchtung fehlt noch. Zur Verfügung soll die Anlage übrigens nicht nur für die Makkabim stehen, auch andere Vereine werden die bezirkseigene Anlage verstärkt nutzen. Die neuen Möglichkeiten kommen aber nicht überall gleich gut an. Denn zwischen benachbarten Vereinen ist das Verhältnis nicht immer einfach. Seit Makkabi vor etwa zwei Jahren in den Grunewald zog, werden die Neulinge Am Eichkamp eher mißtrauisch beobachtet. Vor allem Tennis Borussia (TeBe) und der Sport-Club Charlottenburg (SCC), die seit Jahrzehnten Am Eichkamp und auf zwei unmittelbar angrenzenden Sportanlagen spielen und trainieren, fürchten offenbar um ihre Bedeutung. Was dabei gern verges- sen wird: Auch Makkabi ist ein Berliner Traditionsverein.
1898 unter dem Namen »Bar Kochba« ins Leben gerufen, ist Makkabi eigentlich sogar älter als die 1902 gegründeten Vereine Tennis Borussia und SCC. »Makkabi hat Am Eichkamp erfreulicherweise ein reges Vereinsleben entwickelt«, sagt Carsten Engelmann, der sportpolitische Sprecher der CDU in Charlottenburg-Wilmersdorf. »Schön für unseren Bezirk. Aber den einstigen Platzhirschen macht das ein wenig Angst.« Öffentliche Mittel und Sportplätze sind begrenzt. Deswegen gebe es Konkurrenz unter den Vereinen.
Vor dem Beschluß zur Umbenennung in Julius-Hirsch-Sportanlage gab es deshalb »atmosphärische Störungen«, wie der CDU-Vertreter Engelmann und SPD-Sportstadtrat Naumann betonen. Tennis Borussia und der SCC fühlten sich Ende April »überrumpelt«, als sie sich binnen 48 Stunden zum Namensvorschlag Julius Hirsch äußern sollten.
Aus Anlaß der European Maccabi Trophy wollten Makkabi und Sportamt schon damals die Anlage umbenennen, ein Vorschlag der auch vom Präsidenten des Deutschen Fußballbundes, Theo Zwanziger, begrüßt wurde. Der aus Baden kommende Hirsch kickte beim Karlsruher FV – bis 1933. Danach durfte er nicht mal mehr als Zuschauer ins Stadion, ließ sich aber hineinschmuggeln. Am 1. März 1943 wurde er nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Fehlenden Berlin-Bezug kritisierten die Vorstände von TeBe und SCC am Vorschlag Julius Hirsch. Vor allem TeBe favorisierte Hans Rosenthal als Namensgeber. Der 1925 geborene und in Berlin aufgewachsene Rundfunkjournalist und Quizmaster entging der Deportation, indem er 1943 untertauchte. Nach Krieg engagierte sich Rosenthal auch als Präsident von Tennis Borussia.
Der jetzige Kompromiß sieht nun eine dreifache Umbenennung vor: Ein angrenzendes Sportgelände wird auf Wunsch von TeBe nach Hans Rosenthal benannt. Und weil auch der SCC jemanden aus den eigenen Reihen ehren möchte, werden perspektivisch die bisherigen »Nebenplätze« des Mommsenstadions ebenso einen neuen Namen bekommen. Den einer Frau diesmal. so will es der Frauenausschuß des Bezirks. Beim Charlottenburger Sportclub berät man derzeit darüber. Im August soll die Namensfindung abgeschlossen sein, dann sollen die Bezirksverordneten auch der dritten Umbenennung zustimmen. TUS-Makkabi muß die- se Entscheidung jedoch nicht mehr abwarten »Wir freuen uns, daß die Sportanlage bald den Namen Julius Hirsch trägt«, sagt der Vereinsvorsitzende Tuvia Schlesinger. »Wenn wir den neuen Namen schon zum ersten Heimspiel verwenden könnten, wäre das natürlich phantastisch.«
Daß zugleich die angrenzenden Plätze neue Namen erhalten, stört bei Makkabi niemanden. Im Gegenteil: Hans Rosenthal war unter den Makkabim ebenfalls als möglicher Namenspate gehandelt worden.