Gay-Pride-Parade

»Sie gehen der Gemeinschaft verloren«

»Sie gehen der
Gemeinschaft verloren«

Aaron Knappstein über die Jerusalemer Gay-Pride-Parade und schwule Juden in Deutschland

Herr Knappstein, nach monatelangem Streit und gewalttätigen Auseinandersetzungen wurde die Jerusalemer Gay-Pride-Parade in der vergangenen Woche aus Sicherheitsgründen in ein Stadion verlegt (vgl. Seite 3). Können Sie diese Entscheidung nachvollziehen?
knappstein: Es ist erschreckend, welche Koalition sich da zusammengefunden hat, um gegen die Parade vorzugehen. Vor allem schmerzt es, zu sehen, wie verbohrt Vertreter der eigenen Religion gegenüber der schwul-lesbischen Community auftreten und wie zu Haß und Gewalt aufgerufen wird. Man kann sich in Deutschland nicht vorstellen, daß man so eine Parade aus Sicherheitsgründen absagen oder verlegen muß. Ich glaube, daß dadurch der eine oder andere einmal zum Nachdenken kommt, was in Israel eigentlich für eine Situation herrscht. Viele Leute wissen dies nicht.

Und hier in Deutschland haben jüdische Homosexuelle keine Probleme?
knappstein: Sicherlich hat sich in den vergangenen zehn Jahren in den Gemeinden hierzulande manches verändert. Einige Menschen haben Position bezogen, bekennen sich öffentlich zu ihrer Homosexualität und wurden in ihren Gemeinden aktiv. Aber das ist noch eine sehr geringe Zahl, wenn man bedenkt, wie viele Schwule und Lesben es hierzulande innerhalb der jüdischen Gemeinde geben muß.

Geben muß?
knappstein: Man geht davon aus, daß mindestens fünf Prozent der Gesamtbevölkerung homosexuell sind. Warum sollte dies für die jüdische Gemeinschaft nicht gelten?

Wie sind die homosexuellen Mitglieder in die Gemeinden integriert?
knappstein: In meiner Gemeinde sind die lesbischen und schwulen Mitglieder voll integriert, vielleicht schon fast vorbildhaft. In den liberalen Gemeinden ist Offenheit gegenüber homosexuellen Mitgliedern weitaus verbreiteter als in den Einheitsgemeinden. Aber auch bei den Liberalen gibt es noch Homophobie.
Wie vertreten die Homosexuellen Ihre Rechte? Was ist aus Yachad geworden, der Vereinigung schwuler und lesbischer Juden in Deutschland?
knappstein: Es gibt heute keine funktionierende Yachad-Gruppe mehr in Deutschland.

Sie werden nicht mehr gebraucht?
knappstein: Viele, die früher sehr aktiv bei Yachad mitgearbeitet haben, engagieren sich heute stark in den liberalen Gemeinden vor Ort. Dadurch brach ein Teil des aktiven Stamms von Yachad weg, so daß sich die Arbeit am Ende nur noch auf wenige Schultern verteilte. Durch die allmähliche Auflösung von Yachad gehen leider der jüdischen Gemeinschaft etliche Menschen verloren, denn wer nicht religiös ist, geht nicht in die Gemeinde.

Gibt es Pläne, Yachad wiederzubeleben?
knappstein: Nein, aber es wäre wünschenswert. Hunderte von Juden und Jüdinnen in Deutschland schließen sich ihren Gemeinden nicht an, weil sie sich als Schwule und Lesben dort nicht wohlfühlen. Wenn die Gemeinden ihren Job richtig machen würden, wäre Yachad nicht nötig.

Mit dem Initiator von Yachad, der Vereinigung schwuler und lesbischer Juden in Deutschland, sprach Tobias Kühn.

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025

Sachsen-Anhalt

Fünf Stolpersteine in Magdeburg gestohlen

Die Tat soll sich am 1. April ereignet haben

 03.04.2025

Gastbeitrag

Vom Schweigen zum Handeln

Das Bayerische Bündnis für Toleranz ist heterogen. Doch beim Kampf gegen Antisemitismus steht es vereint

von Philipp Hildmann  03.04.2025

New York

UN: Hunderte Kinder seit Scheitern der Waffenruhe in Gaza getötet

Unicef-Exekutivdirektorin fordert die Terrororganisation Hamas und Israel auf, dem humanitären Völkerrecht nachzukommen und Kinder zu schützen

 01.04.2025

Berlin

»Hans Rosenthal erinnert uns daran, dass jüdisches Leben zu Berlin gehört«

Der Regierende Bürgermeister: »Er überlebte die Schoa nur, weil ihn einige mutige Frauen aus Lichtenberg in einer Schrebergarten-Kolonie versteckten«

 01.04.2025

USA

Michel Friedman: Trumps Krieg gegen Medien ist unerträglich

Der Publizist warnt vor den Angriffen des US-Präsidenten auf kritische Berichterstattung und akademische Freiheit

 28.03.2025