von Hans-Ulrich Dillmann
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat in der dominikanischen Hauptstadt Santo Domingo eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Lyriker Hilde Domin und ihren Ehemann, den Kunsthistoriker Erwin Walter Palm, enthüllt. Die beiden jüdischen Emigranten lebten von 1940 bis 1952 auf der zweitgrößten Karibikinsel.Dass die dominikanische Republik etwa 3.000 jüdische Naziverfolgte aufgenommen habe, dürfe keine »bloße Randnotiz der Geschichte« bleiben, die dem Vergessen anheimfallen dürfe, betonte Steinmeier. Damit habe das Land eine »Großzügigkeit und Gastfreundschaft unter Be- weis« gestellt, die den rassistisch Verfolgten des Naziregimes« ein Leben ohne Drangsal und Verfolgung ermöglicht habe. »Wir werden sie nicht vergessen«, versicherte Steinmeier im deutsch-dominikanischen Kulturzentrum in der Altstadt Santo Domingos. Die Gedenktafel ist an der Außenfassade des Kolonialbaus angebracht.
Gleichzeitig erinnerte Steinmeier daran, dass die im Vorjahr verstorbene Lyrikerin Domin erst in Santo Domingo mit ihrer literarischen Arbeit begonnen und aus Dankbarkeit für die Gastfreundschaft der Dominikanischen Republik den Dichternamen Domin angenommen habe. Unter diesem Pseudonym wurde sie im Nachkriegsdeutschland zu einem Begriff. Der Kunsthistoriker Erwin Walter Palm habe mit seiner Grundlagenforschung über die »älteste Kolonialstadt der Neuen Welt« die historische und kunsthistorische Bedeutung Santo Domingos erstmalig wissenschaftlich bekannt gemacht, sagte Steinmeier auf der letzten Station einer einwöchigen Reise durch Mittelamerika und die Karibik. Mit seinem noch heute aufgelegten Standardwerk über die Kolonialbauten von Santo Domingo hat der 1988 verstorbene Palm in der dominikanischen Republik Kunsthistorie geschrieben. Erstmals erfasste er systematisch alle noch vorhandenen, in der spanischen Kolonialzeit errichteten Gebäude, katalogisierte deren bauliche Veränderungen und analysierte in vielen Details die urbanistische Tradition der spanischen Herrscher und die Auswirkungen der Karree-Anordnung der Straßen auf die Bauweise in »Kleinspanien«, wie Kolumbus die Insel einst benannt hatte. Hilde Domin dokumentierte die Arbeit ihres Mannes fotografisch und entwickelte die Negative, wie sie in ihren Lebenserinnerungen schreibt, unter widrigen Umständen im Bad des nur mit einem Zinkdach gedeckten Hauses und vergrößerte sie mit Hilfe eines Eimers, eines Gasrohrs und einer einfachen Kamera. Erwin Walter Palm und die 1909 in Köln geborene Hilde Löwenstein verließen Deutschland bereits 1932, wo die Nationalsozialisten immer stärker wurden. Nach dem Studium in Italien flüchteten sie weiter nach England und aus Angst vor einer deutschen Invasion kurze Zeit später in die Dominikanische Republik, dessen Diktator Rafael Leónides Trujillo seit 1939 Juden einen »sicheren Hafen« bot. Während Palm und seine Frau in der Hauptstadt Santo Domingo blieben, siedelten sich im Norden des Landes hauptsächlich deutsche und österreichische Juden an.