von Sabine Brandes
»Betreten verboten – hier wird scharf geschossen.« Warnschilder wie diese kennen wir aus den USA. Auch Geschichten von Farmern, die das Recht in die eigene Hand nehmen und mit Eindringlingen kurzen Prozess machen, kamen bislang eher aus Übersee. Doch jetzt ist Wildwest in Israel angekommen. Vergangene Woche erschoss ein Mann aus der Schfela-Gegend einen vermutlichen Einbrecher auf seinem Grundstück. Vor Gericht wird er sich wohl nicht verantworten müssen, ein neues Ge-
setz schützt ihn und seine Selbstjustiz.
Das Geschehen ereignete sich vier Mo-
nate nach Verabschiedung des sogenannten Schai-Dromi-Gesetzes, das besagt, »eine Person soll nicht für eine Handlung verantwortlich gemacht werden, die un-
mittelbar darauf ausgerichtet ist, jemanden vom Eindringen in eine Wohnung, ein Geschäft oder einen umzäunten Bauernhof abzuhalten. Gleich ob es ihm selbst oder jemand anders gehört.«
Um etwa 4 Uhr morgens hörte der Hauseigentümer nach eigenen Angaben Stimmen in der Nähe seines Hauses. Er ging hinaus und sah eine Gruppe von Männern auf seinem Grundstück. Weil er »um sein eigenes Leben und das seiner Familie fürchtete«, schoss er prompt mit einer Pistole auf die Männer. Er verletzte einen, die anderen Eindringlinge flüchteten. Der Verletzte erlag kurz darauf seinen Wunden im Krankenhaus. Es handelte sich um einen 24-Jährigen aus der Westbank, der sich illegal in Israel aufhielt. Nach einer Befragung auf der Polizeiwache und dem Hinterlegen einer Kaution von umgerechnet 4.000 Euro wurde der Hauseigentümer mit der Auflage, das Land für 60 Tage nicht verlassen zu dürfen, nach Hause geschickt. »Reine Selbstverteidigung«, sagte er den Beamten.
Kurz darauf flammte die politische Debatte, die bereits die Verabschiedung des Gesetzes begleitet hatte, wieder auf. Das Dromi-Gesetz war von den Knessetmitgliedern Itzhak Aharonowitch von Israel Beiteinu und Israel Katz vom Likud auf den Weg gebracht worden, nachdem ein Negev-Farmer für einen ähnlichen Fall vor Gericht gestellt worden war. Das Gesetz erweitert den Begriff der Selbstverteidigung auf das Recht, sich und sein Eigentum zu schützen, sobald man bereits Gefahr von Eindringlingen fürchtet. Beide Politiker bestätigten dem Mann aus der Schfela-Gegend, korrekt gehandelt zu haben.
Nicht so Zahava Gal-On von der linksgerichteten Meretz-Partei, von Anfang an eine Gegnerin des Gesetzes. Sie ist der Meinung, es leiste all jenen Vorschub, die gleich töten und nicht verwunden wollten, um einen Einbrecher zu stoppen. »Es ist das Einfachs-te, einfach zu schießen, um zu töten«, sagte sie. »Alles, was ich nach der Einführung dieses Gesetzes befürchtet habe, ist eingetreten. Nur viel früher, als gedacht.«