Frankreich

Schwarzer Sonntag

von Rudolf Balmer

Im Pariser Pletzel herrscht Aufregung, Empörung und Wut. Am Sonntag, 28. Mai, hat eine Bande von Farbigen namens Tribu KA die Anwohner und Passanten der Rue des Rosiers im Marais terrorisiert. Nach Zeugenberichten schrien rund dreißig ganz in Schwarz gekleidete Männer »Dreckjuden« und »Tod den Juden«.
Sie suchten offensichtlich mit ihren rassistischen Beschimpfungen eine handgreifliche Auseinandersetzung. »Sie waren wirklich sehr aggressiv und bedrohlich«, sagt der 25jährige Alexis, Verkäufer in einem der zahlreichen Kleidergeschäfte. Auch Martin, 20, bestätigt den Vorfall. Er spazierte an diesem Sonntagnachmittag gegen 17 Uhr mit seiner Freundin auf der stets belebten Rue des Rosiers mit ihren Fallafel-Imbißstuben und koscheren Restaurants. »Es waren fast alles hochgewachsene Typen, einige hatten Baseball-Schläger dabei. Sie stießen die Leute zur Seite. Meine Freundin weinte, wir rannten zum nächsten Laden und fanden dort Zuflucht.«
Niemand wurde verletzt, auch die Schaufenster der anliegenden jüdischen Geschäfte blieben ganz. Ein Mitglied der Bande filmte den Auftritt, damit sich die Tribu KA anschließend im Internet mit ihrem Einschüchterungsversuch brüsten konnte. Wie Abraham, ein 50jähriger Taxifahrer berichtete, waren die Randalierer gekommen, um sich mit Mitgliedern der Ligue de Défense Juive (LDJ) zu prügeln, die sie als ihre Feinde betrachten. »Wo sind diese Tunten von der Jüdischen Selbstverteidigungsliga?«, hätten sie gerufen. Niemand ließ sich auf die Provokation ein. »Die hätten aber das ganze Quartier angreifen können«, empört sich Tony, ein Ladenbesitzer, über die Langsamkeit der Polizei. Nur ein Streifenwagen mit drei Beamten sei zur Stelle gewesen, und es habe fast eine halbe Stunde gedauert, bis ein ausreichend großes Aufgebot der Polizei eintraf.
Der französische Staatspräsident brauchte fünf Tage, um schließlich in einem Communiqué »diese schockierende und inakzeptable Aggression« zu verurteilen. Sein Innenminister, Nicolas Sarkozy, dagegen kam schon am Mittwoch in die Rue des Rosiers, wo er unter dem Applaus der Leute ankündigte, die Bande zu verbieten und die Polizeipräsenz im Pletzel zu verstärken. Er fand dabei die Worte, die man hören wollte: »Ich will nicht, daß auch nur ein einziger Jude hier sich vor antisemitischen Attacken fürchten muß. Die Angst eines Juden wäre wie ein Fleck auf der Trikolore.« Zusammen mit Vertretern des Repräsentativen Rates der Jüdischen Institutionen Frankreichs (CRIF) appellierte er an die Besonnenheit: »Nichts wäre verhängnisvoller, als wenn die Provokationen antisemitischer Grüppchen eine Bürgerwehrreaktion auslösten.«
Erst im nachhinein wurde bekannt, daß LDJ und Tribu KA sich schon seit einiger Zeit einen verbalen Krieg lieferten. Begonnen hatten diese Feindseligkeiten nach der Festnahme von Youssouf Fofana, der im Januar Ilan Halimi entführt und zu Tode gequält hat. Statt sich von diesem Verbrechen zu distanzieren, solidarisierte sich Tribu KA mit Fofana und protestierte gegen seine Auslieferung an Frankreich. Auf ihrer inzwischen geschlossenen Webseite konnte man einiges über die Theorie dieser Bande nachlesen, die laut Polizeiangaben nicht mehr als dreißig Mitglieder zählt. Das einzige, was ein Außenstehender in den konfusen Angaben auszumachen vermochte, war ein unverhohlener Antisemitismus und eine an den Wahnsinn grenzende Verherrlichung der Negritude und der Schwarzen als eine Art Übermenschen: Das Ziel sei es, »das schwarze Volk wieder an seinen angestammten Platz zu führen, nämlich an die Spitze der Menschheit«.
In der Rue des Rosiers patrouilleren jetzt sehr demonstrativ uniformierte Mitglieder der Ordnungspolizei CRS. Denn in ihrem Internetauftritt hatten die Schläger der Tribu KA angekündigt, sie würden wiederkommen. Am vergangenen Sonntag warteten die LDJ-Mitglieder im Marais mit Fotos von Ilan auf der Brust auf die Rückkehr der Rassisten. Zum Glück vergeblich.

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Dezember bis zum 2. Januar

 23.12.2024

Debatte

Schweden stoppt Unterstützung von UNRWA

Hintergrund des Schrittes ist die Entscheidung Israels, der UNRWA wegen ihrer Verwirklichung in den palästinensischen Terror jegliche Tätigkeit auf israelischem Territorium zu untersagen

 20.12.2024

Kunst

Leitung der documenta 16 wird heute bekanntgegeben 

Wer wird die nächste documenta kuratieren? Die Findungskommission der für 2027 geplanten Schau will ihre Entscheidung jetzt bekanntgeben

von Nicole Schippers  17.12.2024

Nach Assad-Sturz

Libanesischer Politiker ruft Landsleute zur Rückkehr auf

Im von zahlreichen Krisen geplagten Libanon herrscht neue Zuversicht. Nach den Worten eines wichtigen Politikers ist die Weihnachtsfreude in diesem Jahr gar »doppelt so groß«

 17.12.2024

Berlin

Chanukka-Basar in der Synagoge Pestalozzistraße: Kuchen, koscherer Glühwein und ein Bühnenprogramm

Am Sonntag findet der Basar im Innenhof der Synagoge statt. Es gibt ein vielfältiges Bühnenprogramm. Auch die »The Swinging Hermlins« werden auftreten

von Christine Schmitt  13.12.2024

Thüringen

Mario Voigt mit Stimmen der Linken zum Ministerpräsident gewählt

Der CDU-Politiker brauchte nur einen Wahlgang

 12.12.2024

Antisemitismus

RIAS: AfD ist eine Gefahr für Juden in Deutschland

Die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus präsentierte auch neue Zahlen zu antisemitischen Vorfällen

 11.12.2024

Amsterdam

Nach antisemitischer Hetzjagd: Haftstrafen für drei Angeklagte gefordert

Einen Monat nach den Übergriffen stehen nun sieben Menschen vor Gericht

 11.12.2024

Brandenburg

Antisemitismusbeauftragter fordert Priorisierung der Bildungsarbeit

Auch die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Menschen müsse gewährleistet werden, sagte Büttner

 10.12.2024