von Peter Bollag
An diesen Tieren findet inzwischen auch die hessische NPD mit Blick auf den nächsten Wahlkampf Gefallen: die schwarzen Schafe, die die Schweizerische Volkspartei (SVP), mittlerweile die mit Abstand erfolgreichste rechtspopulistische Partei Europas, für ihre Kampagne zu den Parlamentswahlen am 21. Oktober zum Markenzeichen gemacht hat. Heimtückisch mischen sie sich auf Wahlplakaten, Flugblättern und im Internet unter die biederen und offensichtlich naiven weißen Schafe. Auf der SVP-Website versuchen sie in einem Videospiel, einzeln zu Fuß oder in Gruppen per Bus die Eidgenossenschaft zu infiltrieren. Punkte erhält, wer es schafft, die Eindringlinge möglichst schnell wieder aus dem Land zu werfen.
Derlei löst Ängste und Ärger aus: Die britische Handelskammer in Zürich empfindet das Muster »weiße gegen schwarze Schafe« ebenso als rassistisch wie der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) oder all diejenigen Organisationen, die sich der Integration verschrieben haben. Der britische »Indepen- dent« schrieb gar von der Schweiz als Europas neuem »Herz der Finsternis«.
Doch die Rechnung der Blocher-Partei scheint ungeachtet dessen auch diesmal aufzugehen. Nicht nur kopiert ein Jörg Haider in Kärnten mittlerweile das SVP-Rezept, seine Gefolgschaft mittels einer Minarett-Verbotsinitiative bei der Stange zu halten. Auch innenpolitisch zahlt sich der Konfrontationskurs offenbar aus: Kurz vor dem Urnengang liegt die Volkspartei in den Umfragen mit rund 26 Prozent der Stimmen vorne, deutlich vor den Sozialdemokraten, die sich zu Beginn des Wahlkampfes geschworen hatten, den Populisten Christoph Blocher, der seit Dezember 2003 Justizminister ist, buchstäblich rechts liegen zu lassen.
Aber dann kam Anfang September die Affäre um den zurückgetretenen Schweizer Bundesanwalt Roschacher auf und damit der Verdacht, Blocher habe die Gewaltenteilung missachtet und dem Abgang Roschachers etwas nachgeholfen: Vorwürfen von »Putsch« und »Komplott« folgten Gegenvorwürfe von wegen »Geheimplänen« zur Abwahl Blochers.
Die Taktik der SVP ist damit aber vermutlich voll aufgegangen: Statt über Sachthemen wird nun über den Justizminister diskutiert, und seine Partei kann entsprechend auf den Solidaritäts- und Mobilisierungseffekt zählen. Das neu gewählte Parlament muss nämlich im Dezember die Minister der Regierung bestätigen oder abwählen.
Da nützte es wenig, dass der freisinnige Innenminister Pascale Couchepin sagte, ihn erinnere die SVP an die italienischen Faschisten: Wie diese würden die Volksparteiler gerne den Eindruck entstehen lassen, ohne den »Duce« ginge die Volksge- meinschaft flöten. Ein Statement, das vor allem darum zwiespältig wirkt, weil Couchepins (bürgerliche) Freisinnige in zahlreichen Kantonen Wahlallianzen mit der SVP eingegangen sind.
Immerhin: Couchepin war einer der wenigen, die der SVP an den Krawallen in Bern vor zehn Tagen eine Mitschuld gaben: Dass dort Linksradikale während eines SVP-Aufmarsches randalierten, sei zwar scharf zu verurteilen; aber den Ton habe die SVP mit ihrem Schäfchen-Wahlkampf selber gesetzt. Und er setzte noch eins drauf: Blocher, der während des Wahlkampfs auf TV-Privatsendern mit einem wöchentlichen Interview zu sehen war, erinnere ihn auch an Berlusconi. Der Stern des italienischen Medienzars ist zwar gesunken – derjenige des nur unwesentlich jüngeren Blocher scheint seinen Zenit immer noch nicht ganz erreicht zu haben.