David Irving

Schuldig im Sinne der Anklage

von Markus Huber

Am Ende eines langen Prozeßtages, der um neun Uhr morgens begonnen und fast zehn Stunden gedauert hatte, drehte sich alles nur mehr um diese eine Frage: Kann man einem notorischen Holocaust-Leugner wie David Irving glauben, daß er seine Aussagen bereut und einen Gesinnungswandel vollzogen hat? Soll ihm also ein ordentliches Gericht abnehmen, daß er seine Meinung über die Schoa und Hitlers Regime revidiert hat, die ihn über Jahre zu einem Star der rechtsextremen Szene, zu einem von Neonazis aus aller Welt gefragten Vortragsreisenden gemacht hat? Der Schwursenat des Wiener Straflandesgerichts sagte am Montag nein. In allen drei Hauptfragen, die beim Prozeß gegen Irving gestellt worden waren, befanden die acht Geschworenen den Angeklagten für schuldig. Richter Peter Liebetreu verurteilte den umstrittenen Hitler-Biographen zu drei Jahren Haft ohne Bewährung. Irving hat angekündigt, in die Berufung zu gehen.
Der Prozeß gegen den 67jährigen Briten war eines der interessantesten Ereignisse der jüngeren österreichischen Justizgeschichte. Irving war wegen des Versto- ßes gegen Paragraph 3g des österreichischen Verbotsgesetzes angeklagt worden, also wegen Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn. Konkret ging es dabei um Vorträge und Interviews, die Irving 1989 in Österreich gehalten hatte, in denen er unter anderem die Existenz von Gaskammern in Auschwitz geleugnet hatte, die November-Pogrome von 1938 als Tat von mit SA-Uniformen verkleideten Dritten darstellte und erklärte, Auschwitz-Überlebende seien ein Fall für die Psychiatrie. Schon 1989 war deswegen in Österreich ein Haftbefehl gegen Irving erlassen worden. Der floh jedoch ins Ausland. Im vergangenen Herbst war Irving auf Einladung einer schlagenden Burschenschaft aber wieder nach Österreich eingereist und dabei von Staatsschützern festgenommen worden.
Nun also der Prozeß. Gleich zu Beginn seiner Einvernahme durch den Richter hatte Irving sich als »schuldig im Sinne der Anklage« bekannt. Er gab zu, gegen das NS-Verbotsgesetz verstoßen zu haben, und nach mehrmaligem Nachfragen des Richters erklärte Irving: »Ja, ich bereue es.«
Irving, der mit seiner berüchtigten Hitler-Biographie auf dem Schoß auf der Anklagebank saß, war während seiner Befragung anzumerken, wie unwohl er sich in seiner Haut fühlte. Sein Anwalt hatte ihm geraten, sich geständig zu zeigen, um dadurch ein mildes Urteil zu erwirken. Also gestand Irving, nahm viele seiner Thesen zurück. Es fiel ihm aber sichtlich schwer, den Spagat zwischen der Hoffnung auf ein mildes Urteil und den Erwartungen seiner rechten Fans zu erfüllen, die ihm Hunderte Briefe ins Gefängnis geschickt hatten. Nein, er zweifle nicht mehr an der Existenz von Gaskammern und der Massenvernichtung während der NS-Zeit, behauptete Irving. Wie er sich seinen Gesinnungswandel innerhalb von Wochen erkläre, wollte der Richter wissen. Er habe in seinen Büchern einige »methodische Formfehler« begangen, sagte Irving. Das habe er »in Etappen während der vergangenen Jahre« festgestellt. »Selbstverständlich« wolle er sich auch bei den Opfern der Schoa entschuldigen, sagte er auf Frage des Richters: »Mir tun all die Unschuldigen leid, die im Holocaust gestorben sind.« So ganz abrücken wollte er von seinem Hitler-Bild aber nicht. Adolf Hitler habe erst »nach dem Krieg die Judenfrage lösen« wollen. »Er wurde hinters Licht geführt.«
Dem Straflandesgericht war das offenbar zuwenig. Staatsanwalt Michael Klackl forderte in seinem Plädoyer ein hartes Urteil für Irving, da er sein Geständnis offenbar nur »aus prozeßtaktischen Gründen« gemacht habe. Zudem sei Irving ein »gefährlicher Geschichtsfälscher, der mit seinen Thesen den Nährboden für den Rechtsextremismus« bereitet habe. Ein strenges Urteil wäre daher laut Klackl auch ein gutes Signal. Dieser Meinung schlossen sich die Geschworenen und der Richter an.

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Dezember bis zum 2. Januar

 23.12.2024

Debatte

Schweden stoppt Unterstützung von UNRWA

Hintergrund des Schrittes ist die Entscheidung Israels, der UNRWA wegen ihrer Verwirklichung in den palästinensischen Terror jegliche Tätigkeit auf israelischem Territorium zu untersagen

 20.12.2024

Kunst

Leitung der documenta 16 wird heute bekanntgegeben 

Wer wird die nächste documenta kuratieren? Die Findungskommission der für 2027 geplanten Schau will ihre Entscheidung jetzt bekanntgeben

von Nicole Schippers  17.12.2024

Nach Assad-Sturz

Libanesischer Politiker ruft Landsleute zur Rückkehr auf

Im von zahlreichen Krisen geplagten Libanon herrscht neue Zuversicht. Nach den Worten eines wichtigen Politikers ist die Weihnachtsfreude in diesem Jahr gar »doppelt so groß«

 17.12.2024

Berlin

Chanukka-Basar in der Synagoge Pestalozzistraße: Kuchen, koscherer Glühwein und ein Bühnenprogramm

Am Sonntag findet der Basar im Innenhof der Synagoge statt. Es gibt ein vielfältiges Bühnenprogramm. Auch die »The Swinging Hermlins« werden auftreten

von Christine Schmitt  13.12.2024

Thüringen

Mario Voigt mit Stimmen der Linken zum Ministerpräsident gewählt

Der CDU-Politiker brauchte nur einen Wahlgang

 12.12.2024

Antisemitismus

RIAS: AfD ist eine Gefahr für Juden in Deutschland

Die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus präsentierte auch neue Zahlen zu antisemitischen Vorfällen

 11.12.2024

Amsterdam

Nach antisemitischer Hetzjagd: Haftstrafen für drei Angeklagte gefordert

Einen Monat nach den Übergriffen stehen nun sieben Menschen vor Gericht

 11.12.2024

Brandenburg

Antisemitismusbeauftragter fordert Priorisierung der Bildungsarbeit

Auch die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Menschen müsse gewährleistet werden, sagte Büttner

 10.12.2024