Die Qualität der Waffen und Ausbildung der Truppen entscheiden nicht mehr allein über Sieg oder Niederlage im Krieg. Ausschlaggebend für den Erfolg ist am Ende auch das gute Abschneiden im Wettbewerb um die Gunst der Welt. Und da hat Israel einen potenten Gegner: Nichtregierungsorganisationen, besser unter dem Kürzel NGOs bekannt. Sie treten in der Diplomatie als moderne Gerechtigkeits-Armada auf, der es angeblich um nichts anderes gehe als um die Durchsetzung von Menschenrechten, indem sie Missstände aufdeckt, für die sie in aller Regel immer einen verantwortlich macht: Israel.
NGOs sind mittlerweile einflussreiche Akteure. In den Vereinten Nationen sind sie eine mächtige Lobby, in den Hauptstädten Europas verschaffen sie sich Gehör, ebenso in internationalen Gremien und vor allem auch in den Medien. Insgesamt verfügen sie mittlerweile über den Einfluss von Supermächten. In der israelisch-palästinensischen Auseinandersetzung sind vor allem Human Rights Watch (HRW), Amnesty International (AI), Oxfam, Christian Aid und die International Commission of Jurists führend.
NGOs rühmen sich ihrer hohen Qualitätsansprüche. Bei den Untersuchungen würden sie objektiv und neutral vorgehen. Sie seien eben keiner Partei, sondern nur der Sache verpflichtet: der Einhaltung von Menschenrechten. Das wird zumindest behauptet. Aber auch NGOs können nicht all das abdecken, was auf dieser großen Welt schiefläuft. Deshalb müssen sie sich für ein Tätigkeitsfeld entscheiden, ihren Auftrag festlegen und Interessengebiete definieren. Das setzt eine politische Entscheidung voraus. Eine »neutrale« Nichtregierungsorganistion kann es also nicht geben.
Aber sind die selbst ernannten Wächter über die Einhaltung von Menschenrechten wenigstens fair? Kaum. Die meisten Organisationen stellen die Palästinenser als Opfer und die Israelis als Täter hin. Dieses Narrativ macht aus jenen Unschuldslämmer, während die anderen zwangsläufig als Bösewichte daherkommen. Mit dieser Optik können keine korrekten Berichte erwartet werden. Bei Vorwürfen gegen Israel wischen NGOs zudem gerne Fakten unter den Tisch, was zu tendenziösen Berichten führt. So schrieb kürzlich Amnesty International, Israel verweigere den Palästinensern im Westjordanland den Zugang zu Wasser. Während in den jüdischen Siedlungen das kostbare Nass in Schwimmbädern und üppigen Gartenanlagen vergeudet werde, müssten sich die Palästinenser in einigen ländlichen Gebieten mit kaum mehr als 20 Litern pro Tag und Person begnügen. Die Zahlen mögen stimmen – aber wichtige Informationen werden einfach unterschlagen. Zum Beispiel, dass rund die Hälfte des Wassers von palästinensischen Wasserdieben abgezweigt wird.
Bereits bei der Anstellung von Experten legen NGOs ihren Kurs fest, mithin die Stoßrichtung ihrer Krititk. Der Politologe Gerald M. Steinberg verfolgt seit Jahren die Arbeit von NGOs. Nach seinem Eindruck sind zum Beispiel bei Human Rights Watch die Experten bekannt für ihre israelfeindliche Einstellung. Schon bei früheren Positionen seien sie durch eine fast schon obsessiv anmutende Israel-Kritik aufgefallen. Enttäuscht über die Haltung von HRW ist inzwischen auch Robert L. Bernstein. Der Gründer der Organisation und über Jahrzehnte deren Leiter rügte vor Kurzem in der New York Times, das Netzwerk mache bei der Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen keinen Unterschied mehr zwischen Demokratien und Ländern, die autokratisch regiert würden. Früher habe man sich bemüht, Öffentlichkeit herzustellen, wenn es keine gab. In Israel aber existierten demokratische Institutionen und eine freie Presse. Trotzdem fixiere sich HRW im Nahostkonflikt ganz überwiegend auf dessen Rolle. Umgekehrt würden die Leiden der Menschen in der arabischen Welt und im Iran teilweise zu wenig thematisiert.
Zudem zeigt sich immer wieder, dass bei den Studien professionelles Know-how zu kurz komme, sagt Experte Steinberg. Seiner Kenntnis nach stützen sich die Berichte in der Regel auf befangene Augenzeugen. Aussagen kommen demnach nicht selten unter Druck zustande, weil Informanten Angst haben, von der Hamas oder der Hisbollah bestraft zu werden, falls ihre Antworten nicht israel-feindlich genug ausfallen. Die Gefahr, dass Zeugenaussagen gefälscht sein könnten, wird aber nicht berücksichtigt. Und nicht zuletzt, so Steinberg, »gehen NGOs allzu locker mit Begriffen wie ›Kriegsverbrechen‹ und ›ethnische Säuberung‹ um«.
Menschenrechtsorganisationen verfügen oft über zweistellige Millionenbudgets, sind aber niemandem Rechenschaft schuldig. Häufig ist nicht einmal ersichtlich, woher die Mittel kommen, mit denen sie ihre Arbeit finanzieren, und wofür sie eingesetzt werden. So versteckt Human Rights Watch den mit Abstand größten Ausgabeposten im Budget als »andere Programme«. Was sich dahinter verbirgt, bleibt unklar. Auch damit macht man sich angreifbar.
Klar: Israel darf und soll nicht von Kritik verschont werden. Die NGOs könnten da eine wichtige Rolle übernehmen. Aber wer tadelt, muss es ohne Vorurteile und Zorn tun. Nur dann besteht eine Chance, dass die Kritik beim Gerügten ankommt.
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